Mein erster Internetbrowser war der Internet Explorer 3 oder 4, zwischenzeitlich wechselte ich auch für eine Weile zum Netscape Navigator, aber den IE verteidigte ich viele Jahre gegen Kritiker, die ihn für unbrauchbar hielten. Bis er mir im Jahr 2003 ein Rootkit installierte. Jemand im IRC sendete mir einen Link zu einer JPG-Datei – ein Spaßbild – wie ich sie schon tausend Mal zuvor im Browser geöffnet hatte. Doch diesmal verbarg sich dahinter ein Script für einen geplanten Pufferüberlauf im Windows Media Player, das der IE nur zu bereitwillig ausführte, obwohl die Endung die falsche war. Seitdem weiß ich, der IE ist nicht einfach nur unbrauchbar, sondern gefährlich. Erst nach mehreren Tagen, als ich gerade eine Weile nicht am Rechner war, sah ich aus den Augenwinkeln wie sich auf dem Bildschirm irgendwelche Fenster öffneten, per Fernsteuerung Befehle ausgeführt wurden, merkwürdige Fehlermeldungen erschienen und verschwanden direkt wieder. Ich musste augenblicklich die Internetverbindung trennen, mein Betriebssystem neu aufsetzen. Nie wieder Internet Explorer.
In der Not bot mir der alternative Browser Opera die Möglichkeit, mich im Netz wieder halbwegs sicher zu fühlen. Umgewöhnt hatte ich mich innerhalb kürzester Zeit, schon bald fragte ich mich, wie ich es so lange ohne Opera aushalten konnte. Die Mausgesten waren sogar so praktisch, dass ich heute gar nicht mehr ohne sie arbeiten wollte. Opera war der Browser, der Tabbed Browsing salonfähig machte, und erst einige Jahre später wurde das in den Konkurrenten Firefox, IE, Safari usw. kopiert. Opera brachte seinen eigenen E-Mail-Client mit, später sogar seinen eigenen Torrent-Client. Der eingebaute Downloadmanager war fantastisch. In den regelmäßigen JavaScript-Performancemessungen war Opera lange Zeit der Spitzenreiter, und mit jeder weiteren Optimierung der Presto-Engine wurde der Browser wieder ein bisschen schneller. Die ganze Welt wechselte in den Folgejahren zu Firefox oder Chrome, und Opera kam nie auch nur über 3% Marktanteil hinaus. Er führte ein Nischendasein, obwohl er mehr verdient hatte.

70 offene Tabs in Opera? Kein Problem
Ich blieb gerne bei Opera. Viele Male fand ich mich deshalb in sinnlosen Diskussionen über den besseren Browser wieder. An den Hochschulen und in Firmen ist Firefox längst vorinstalliert. Warum sollte noch jemand sowas wie Opera verwenden? Tja, warum eigentlich nicht, wenn er doch sehr gut funktioniert, und etwa dem Firefox in nichts nachsteht? Geringe Marktanteile sind kein Argument gegen einen Browser, eher noch eines dafür, jedenfalls musste ich mir nie Gedanken über Firefox-Trojaner machen. Friedliche Koexistenz scheint ohnehin ein fremdartiges Konzept zu sein.
Dass ich ein Tab-Messie bin, hat mir Opera nie krumm genommen. 30, 50, oder gar 70 Tabs gleichzeitig geöffnet, sogar gruppiert nach Kategorie, das alles war nie ein Problem. Hin und wieder ein kleiner Absturz, aber was macht das schon. Das passiert Firefox auch. Dass er mit dieser Masse an Tabs 3 GB Arbeitsspeicher frisst – geschenkt. Doch seit 2011 wurden die Probleme häufiger. Ich musste mit Slowdowns auf so manchen scriptüberfrachteten Webseiten kämpfen. Manchmal ruckelte alles unerträglich, manchmal reagierte er überhaupt nicht mehr. Manchmal registrierte er keine Mausklicks mehr, manchmal zeigte er mir einfach keine Bilder mehr an. Ständig musste ich ihn neustarten. Man hatte den Eindruck, Opera wurde langsam altersschwach. Vielleicht entwickelte sich das Netz aber auch einfach an Opera vorbei. Ich hielt meinem kränkelnden, tapferen Browser die Treue. Die schwierigen Webseiten konnte ich ja trotzdem im Firefox oder in Chrome laden.
2013 war kein gutes Jahr für ihn. Die opera-eigene, aufwändig entwickelte Presto-Engine wurde verworfen, der neue Opera-Browser sollte nur noch ein billiger Chrome-Klon ohne Funktionen werden. Diesen Weg würde ich nicht mitgehen, denn dann könnte ich ja gleich auf Chrome wechseln. So blieb ich bei der vorerst letzten „alten“ Version 12.16. Jedenfalls bis ich einen wirklich ärgerlichen Bug entdeckte, als ich Startpage.com als neue Standardsuchmaschine einrichten wollte: Opera speichert die Einstellung einfach nicht, weil Startpage nicht auf seiner internen Suchmaschinen-Whitelist steht. Ein Downgrade auf Version 12.15 „löste“ das Problem zunächst. Nun kam den Opera-Entwicklern kürzlich der Heartbleed-Bug in die Quere, so dass man sich entschied, ein finales Update 12.17 für die Fans der alten Version zu veröffentlichen. Diesem Update überließ ich die Entscheidung, ob ich bei Opera bleiben sollte. Voraussetzung war lediglich, dass ich als Standardsuchmaschine wieder einrichten durfte was ich wollte. Nach dem Update stellte sich leider heraus, dass der Bug nicht behoben worden war.
Danke, Opera, dafür dass du mir 11 Jahre lang ein Fenster zur Welt des Internet geöffnet hast, dass du mir darin soviel gezeigt hast, und dass du mir ein bedeutendes Maß für Sicherheit im Netz warst. Nach 11 Jahren ist es an der Zeit, das sinkende Schiff zu verlassen. Heute habe ich Opera zum ersten Mal deinstalliert, und als Nachfolger nach all der Zeit nun primär den Firefox gewählt. Bisher läuft er tatsächlich sparsamer. Interessanterweise hat das Löschen der Opera-Benutzerdaten auf der Festplatte (150.598 Dateien) stolze 3,3 GB Speicher freigegeben.
Firefox ist für mich leider erst benutzbar geworden, seit ich jede Menge Addons etwa für Mausgesten, eine geordnete Tab-Baumstruktur, Schnellstart-Customization, ein vernünftiges Session-Management, Entwicklertools und Werbeblocker installiert habe, aber das war zu erwarten. Glücklicherweise gibt es mehr als genug davon. Ich werde mich eine Weile umgewöhnen müssen, aber vielleicht vermisse ich meinen Opera schon bald kaum noch. Vielleicht werde ich eine Kerze für ihn anzünden.




Vor Wochen hat mir ein Kollege mit ausgeprägtem Bewusstsein für Privatsphäre im Netz die Metasuchmaschine startpage.com empfohlen. Diese macht nichts anderes als deine Suchanfragen an Google weiterzureichen, allerdings so, dass Google diese nicht mehr mit deinem Google-Konto verknüpfen kann. Startpage anonymisiert die Internetsuche endlich wieder, so wie das eigentlich sein sollte. Einziger Wermutstropfen: Die Bildersuche von startpage ist nicht unbedingt das Gelbe vom Ei. Google selbst liefert deutlich bessere Ergebnis. Doch längst habe ich Startpage zur Standardsuchmaschine in meinem Browser gemacht, und ich kann mich bislang nicht beschweren.
In meinem speziellen Fall heißt dieses Gegenmittel YouTube. Genauer gesagt: Let’s Play. Noch genauer gesagt: Keine Let’s Plays, sondern Playthroughs. Ich bin kein echter Fan von Let’s Plays, denn die meisten sind übelstes Fremdschäm-Material. Doch zurück zum Anfang: Bereits vor Jahren wurde ich auf preisgekrönte Spiele wie „Heavy Rain“ aufmerksam, die beispielsweise exklusiv für die Playstation 3 veröffentlicht wurden. Theoretisch reizte mich als Filmfan die Idee interaktiver Filme schon ein wenig, so wie etwa 1998 „Tender Loving Care“ aka „Die Versuchung“, das auf mehreren CDs bzw. DVD für den PC und für DVD-Player verkauft wurde. Aber als bewusster Nicht-Konsolero war das seither noch keine Option. So ließ ich diese Spiele lange Zeit außer Acht.
Zugegeben, meine Darstellung ist natürlich etwas überspitzt. Mir ist bewusst, dass viele solcher Spiele auf ausgedehnte Action-Sequenzen bauen, worin der Spieler dann direkt die Kontrolle übernimmt, und nicht nur eine Ansammlung von geskripteten Ereignissen abspielen darf. „Kauf‘ dir doch einfach ’ne PS3!“, wurde mir gern empfohlen. Sicherlich ein gut gemeinter Rat (vor allem für Sony), und sich eine teure Spielekonsole, die dazugehörigen teuren Spiele und einen geeigneten Fernseher zu kaufen, ist bestimmt viel einfacher als eines der Videoportale im Internet zu besuchen. Oder vielleicht kaufe ich mir lieber keine Exklusivspiele, damit würde ich diese aus meiner Sicht unschöne Maßnahme nur noch selbst finanzieren.