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Mein Leben habe ich endlich wieder im Griff. Naja, zumindest habe ich meinen PC endlich wieder im Griff, denn ich bin seit Dezember 2020 zum ersten Mal nach 23 Jahren windows-frei(*), wohlgemerkt mit einem kleinen Sternchen, denn es gibt eine spezielle vorübergehende Ausnahme, die ich gerne erklären werde. Jedenfalls ist mein Haupt-Betriebssystem inzwischen Linux, genauer gesagt Ubuntu MATE 20.04 LTS. Diese Installation funktioniert seit zehn Monaten erstaunlich gut, und ich bin mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem ich mit Fug, mit Recht und auch mit Stolz sagen kann: Ich bin frei und werde nie wieder zu Windows zurückkehren! Den Spyware-Rotz von Microsoft habe ich endgültig hinter mir gelassen und genau das war mein Ziel. Aber wie kam es denn dazu? Eigentlich müsste die Frage eher lauten: Wieso kam es nicht viel früher dazu?

Wer die kleine Artikelreihe bisher verfolgt hat, wird live miterlebt haben, wie ich zuletzt 2017 an einer Installation von Linux Mint scheiterte, einem angeblich für Ein- und Umsteiger sehr gut geeigneten Betriebssystem. Tatsächlich gab es einige positive Aspekte, allerdings auch unerträgliche Eigenheiten, welches in einem insgesamt eher durchwachsenen Erlebnis für mich resultierten. Die letzten Sargnägel für Linux Mint bildeten für mich jedoch, dass sich die Updatefunktion irgendwann selbst ins Knie geschossen hatte, indem die gerade einmal 512 MB große vorkonfigurierte /boot/-Partition durch ungenutzte Kernels vollgeschrieben wurde (so meine gänzlich laienhafte Vermutung) und es in Linux Mint keinen automatischen Mechanismus gibt, um dies zu bereinigen. Inzwischen hat mir ein Kollege mitgeteilt, dass dies wohl eine alte Mint-Krankheit sei, mit der man offenbar leben müsse. Nunja. Und zuletzt beklagte ich mich darüber, dass vom Benutzer erwartet würde, immer wieder Befehle aus irgendwelchen Internetforen blind ins Terminal zu kopieren. Einmal zu oft folgte ich diesem seltsamen Linux-Paradigma, und plötzlich stand ich vor den Scherben meiner Linux-Installation. Da ich keine Tools kenne, um ein defektes Linux zu reparieren, deutete ich das Signal entsprechend und wechselte nach nur zwei Monaten zurück zu Windows 7.

Leider erzwangen die Hardware-Hersteller im vergangenen Jahr eine Abkehr von Windows 7, dem letzten wirklich brauchbaren Betriebssystem aus dem Hause Microsoft, und so wurde ich mangels Alternativen in die Ecke gedrängt. Entweder die NSA-Wanze Windows 10 installieren, oder doch wieder zu Linux ins eiskalte Wasser springen und hoffen, dass ich schnell genug schwimmen lerne, bevor mir die Luft ausgeht. Sollte ich meine Seele (und meine Daten) also dem Teufel aus Redmond verschreiben, oder mich endlich wie ein richtiger IT-Experte verhalten und Linux lernen? Schließlich war ich mir sicher, dass ich zwei entscheidende Vorteile auf meiner Seite hatte: Erstens, die Linux-Welt müsste sich doch in über drei Jahren seit meinem Fehlschlag entscheidend weitergedreht haben. Und zweitens, wenn Linux Mint für mich keine Option ist, nehme ich ganz einfach eine andere Distribution. Zum Glück hat man hier die Qual der Wahl.

Ich traf die einzig richtige Entscheidung in dieser Situation: Ubuntu sollte fortan mein Betriebssystem der Wahl werden, diesmal ohne Plan B. Im Grunde gab es da aber nicht viel zu entscheiden. Ich bin schließlich kein DAU, sondern Informatiker und arbeite täglich in der IT. Ich brauche Windows nicht und bin Windows auch nicht hilflos ausgeliefert, so wie viele andere. Für jemanden mit meinem Fachwissen gibt es überhaupt keinen Grund, nicht mit Linux arbeiten zu können, denn alles nötige lässt sich nachlesen und lernen. Ich wollte endlich wieder die Kontrolle über meine eigene Hardware haben und eben kein Betriebssystem, das permanent heimlich Nutzerdaten an den Hersteller sendet, regelmäßig Werbung einblendet, mir Nutzungs- und Updatevorschriften macht, mich am laufenden Band bevormundet und mir ein falsches Gefühl von Sicherheit vermittelt.

Zuvor sah ich mir zu Demonstrationszwecken einige Videos zu den einzelnen “Flavours” von Ubuntu an, also die verschieden ausgestatteten Varianten mit unterschiedlichen Desktops. Relativ schnell wusste ich, dass der tablet-android-ähnliche Desktop des Stock Ubuntu für mich suboptimal war. Zudem war die Systemsteuerung (Steuerzentrale) eine Frechheit, da man dort kaum das nötigste einstellen durfte. Offensichtlich war dies wohl eher die Ausgabe für Menschen ohne irgendwelche Computerkenntnisse. Glücklicherweise gibt es z.B. mit Ubuntu MATE eine stark desktop-zentrische Version mit umfassender Systemsteuerung und “oldschool”-Taskleiste und Startmenü. Da ich großen Wert auf einen klassischen Maus-Desktop lege und mein Filesystem quasi der Mittelpunkt aller meiner PC-Tätigkeiten ist, sollte das Betriebssystem dies auch in entsprechender Weise reflektieren und unterstützen. In dieser Hinsicht sind sich Ubuntu MATE und Linux Mint sogar ausgesprochen ähnlich. Eine lächerliche Wisch-und-Tatsch-Oberfläche mit interaktiven Ecken und Fingergesten wie bei einem Smartphone wäre hier vollkommen unangebracht.

Nun musste ich im Dezember vergangenen Jahres also in den kalten Entzug gehen. Da ich ohnehin nach sechs Jahren einen völlig neuen PC zusammenbauen wollte, gab es hierfür die ideale Gelegenheit. Nur die Festplatte formatieren, Windows runter, Ubuntu drauf, und schon konnte es losgehen. Die Installation verlief wie erwartet schön rund, die Hardwareunterstützung für alte sowie relativ neue Hardware ist mehr als anständig. Es dauerte nicht lange und ich wurde vom (leeren) Desktop begrüßt. Die Welt ist im Wandel. Fast Forward zum Oktober 2021: Seit zehn Monaten bin ich ein echter Linux-Nutzer und habe einige wertvolle Erfahrungen gesammelt. Die größte Erfolgsmeldung ist, dass das Betriebssystem bemerkenswerterweise immer noch läuft, und das ist schon ein gewaltiger Fortschritt wenn man meine schwierige Historie mit Linux betrachtet. Auch kann ich generell Entwarnung geben: Es liegen zwar holprige und ruckelige Zeiten hinter mir, doch inzwischen ist der Seegang wesentlich ruhiger geworden. Es kostete mich vielleicht eine Menge Nerven, brachte mir Glücksmomente und Wutausbrüche, ich bekam zusätzliche graue Haare, bis ich so halbwegs verstand, was man unter Linux tun kann, und was man besser lassen sollte. Heute kann ich mich zufrieden zurücklehnen, die Entziehungskur ist gelungen, der Patient ist im sicheren Linux-Hafen angelangt.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Umgang mit Linux ist freilich das passende Software-Angebot, und darauf möchte ich zumindest kurz eingehen: Von den vielen Programmen, die ich bisher tagtäglich unter Windows 7 genutzt habe, gibt es grob etwa 75% ganz normal auch als Linux-Build, sei es LibreOffice, GIMP, Eclipse, Firefox, VeraCrypt, CherryTree, Discord, Steam, Thunderbird, DOSBox, JDownloader, Audacity (bzw. künftig Tenacity), VLC Player/SMPlayer, OBS und viele, viele mehr. Bei den restlichen 25% hat man als Umsteiger genau zwei Möglichkeiten: Zunächst gibt es in einzelnen Fällen fertige Bundles der Windows-Version mit der Kompatibilitätsschicht Wine, oder zumindest die theoretische Option, die Software mit Wine zu starten. Dies ist nicht immer optimal, funktioniert aber besser als man glaubt, so z.B. bei Notepad++ oder IrfanView. Die Programme lassen sich sogar so ins Betriebssystem einbinden als wären es native Linux-Versionen. Und falls das auch nicht klappt, bleibt als letzte Maßnahme immerhin noch gesunder Menschenverstand und ein bisschen Wille zur Umgewöhnung, denn das Linux-Ökosystem bietet für fast jedes “unersetzbare” Stückchen Windows-Software eine Alternative. Ob diese Alternative (fast) gleichwertig oder sogar höherwertig ist, hängt vom Tool ab. Meistens ist der angeblich signifikante Unterschied in der Qualität am Ende doch nur eine subjektive Abneigung gegen alles Neue oder Andere. Ja, wir Menschen sind auch nur Gewohnheitstiere.

Für diesen letzten Schritt habe ich mir viel Zeit gelassen, habe immer wieder neue Programme installiert und ausprobiert und aus den verschiedensten Gründen wieder verworfen, weil mir deren Funktionsumfang und/oder Bedienkonzept nicht zusagte. Insbesondere wollte ich eine gute Linux-Alternative für besagtes Notepad++, und ganz so schnell wie man meint wird man hier leider doch nicht fündig. Einfache Texteditoren gibt es für Linux natürlich wie Sand am Meer, doch fast nichts ist auch nur annähernd so komfortabel und gleichzeitig so leistungsfähig wie Notepad++. Wer mir nicht glaubt, möge bitte einmal eine 100 MB große Textdatei mit einer Reihe von beliebten Editoren laden, bearbeiten und speichern. Mehrere von mir getestete Programme stürzten bei einem dieser drei Schritte grundsätzlich immer ab. Dieses Beispiel lässt sich leider relativ gut verallgemeinern, denn an Power-User wird selten gedacht. Aktuell teste ich hier “CudaText”, das viele Funktionen bietet, halbwegs schnell ist, und auch mit großen Dateien umgehen kann. Aber natürlich hat nicht jeder so hohe Ansprüche an einen Texteditor wie ich, daher wird nicht jeder dieselben Probleme haben. Um eine kleine Einkaufsliste zu schreiben, wird man so einen Aufriss selbstverständlich nicht betreiben müssen.

Auch habe ich lange mit mir um einen echten Ersatz für IrfanView gerungen. Die meisten Linux-Bildbetrachter sind sehr rudimentäre Programme, die im wahrsten Sinne des Wortes nur das Bild anzeigen, sonst aber kaum Funktionen zur Bearbeitung haben. Zusätzlich benötigt ein solches Tool für mich eine brauchbare Ordnernavigation, und zu allem Überfluss ein Tastenschema, das ich selbst definieren kann. Spätestens aber wenn ich von einem Bildbetrachter erwarte, dass er Bilder aus der Zwischenablage entgegennehmen kann (via STRG+V), fallen ohnehin 95% der Programme durch das Raster. Ja, es ist schon ein Krampf, wenn man so verwöhnt ist. Inzwischen bin ich bei “XnView MP” gelandet, das man mit ein wenig fleißiger Konfigurationsarbeit fast genau so einstellen kann, wie ich es benötige. IrfanView vermisse ich seitdem nicht mehr. Achja, und mit „KeePassXC“ habe ich eine wirklich außerordentlich gute, plattformunabhängige, und außerdem vollständig datenkompatible Alternative zum Passwortmanager-Klassiker KeePass gefunden.

Nachdem ich also alle meine wichtigen Programme beisammen habe, ist die tägliche Arbeit unter Linux viel reibungsfreier und gemütlicher geworden. Man hat nicht mehr ständig das Gefühl, mit stumpfen Werkzeugen arbeiten und mit Krücken gehen zu müssen. Tatsächlich bin ich mittlerweile in vielen Dingen routinierter und schneller, und Linux für mich zur Selbstverständlichkeit geworden. Aber ich habe natürlich nicht nur Lobhudelei und Jubelperserei für Linux übrig, sondern auch viel Kritik, denn nicht alles ist ideal im Pinguin-Wunderland. Andererseits verlangt ja auch niemand von Windows 10 ideal zu sein. Jedenfalls könnte ich wieder einmal eine komplette Artikelserie schreiben über die vielen Widrigkeiten, gegen die ich in den vergangenen Monaten ankämpfen musste. Und entgegen der allgemeinen Meinung über Linux möchte ich hier auch ganz klar betonen: Ubuntu stürzt ab! Vielleicht alle 6-8 Wochen stürzt das Betriebssystem komplett oder zumindest teilweise ab, so dass oftmals nur noch ein harter Reboot hilft. Dies ist noch kein Grund zur Panik, schließlich läuft mein PC fast 24/7 durch, aber es zeigt mir, dass Linux auch nur mit Wasser kocht und kein unerschütterliches Wunderwerk ist.

Ebenso könnte ich, wenn ich die Zeit dafür hätte, einen schönen, langen und ausgewogenen Artikel über das Thema Linux und Spiele schreiben, denn dieses Thema interessiert viele vorwiegend jüngere Menschen, und auch ich musste mich damit befassen. Um meine Erfahrungen wenigstens kurz zu umreißen: Es gibt eine gigantische Welt an Open-Source-Spielen und -Remakes, die unter Linux ganz normal laufen, darunter so namhafte Klassiker wie FreeCiv, OpenTTD, Doom, Unreal Tournament, Diablo, Daggerfall, Seven Kingdoms, Doom 3, Duke Nukem 3D, OpenXcom, Theme Hospital, FreeCol, OpenRCT2, OpenRA und sehr viele mehr. Und natürlich alles was irgendwie in einem Emulator lauffähig ist, ist für Linuxer ganz normal spielbar, egal ob mit Emulatoren für C64, Gameboy, SNES, N64, PSX oder PS3 usw., alte PC-Spiele via DOSBox oder Adventures mit Hilfe von ScummVM – über die Möglichkeiten könnte man stundenlang reden. Schwieriger wird es erst, wenn wir über Spiele reden, die exklusiv und nur nativ unter Windows laufen.

Hierbei sind Wine und Proton wahrhaftig mächtige Helferlein, wenn es darum geht, Windows-Spiele unter Linux zu verwenden. Aber sie sind leider auch bei weitem noch nicht perfekt. In gewisser Weise sind diese Tools für mich ein Hit-or-miss-Erlebnis. Manchmal staunt man geradezu, wie gut ein Spiel läuft, manchmal ist man aber nur enttäuscht, wenn man nicht einmal das Hauptmenü zu sehen bekommt. Um als aktuelles Beispiel etwa “Cyberpunk 2077” anzubringen: Laut ProtonDB läuft das Spiel bei etlichen Nutzern völlig problemlos, bei fast idealer Performance, fast ohne Grafik- und Audiofehler, während viele andere Spieler es noch nicht einmal gestartet bekommen. Ich selbst habe Cyberpunk 2077 mit Hilfe des beliebten Launchers “Lutris” installiert und getestet. In vier von fünf Fällen hängt sich das Spiel noch vor dem Intro auf. Meine längste Spielsitzung dauerte etwa 5 Minuten, dann ist nicht nur das Spiel, sondern jeweils der komplette Rechner abgestürzt. Gerne würde ich hier erzählen, wie toll und stabil das alles funktioniert, aber in Wirklichkeit sind es tendenziell eher Glücksfälle, wenn ein Spiel mit Wine/Proton gut läuft.

Insbesondere wenn man wie ich bewusst ein LTS-Betriebssystem installiert, hat man leider oft schon einen leicht angestaubten Linux-Kernel mit teilweise deutlich älteren Treibern. Als Linux-Gamer sollte man daher wohl besser auf ein LTS-Linux zugunsten aktuellerer Treiber verzichten. Und wenn man dann noch eine Grafikkarte vom falschen Hersteller nutzt, hat man ebenfalls Pech gehabt. Es gibt leider unzählige Gründe warum Spiele (trotz angeblicher Kompatibilität) entweder nicht laufen, oder viel gruselige Frickelei seitens der Nutzer erfordern. Mit Steam hat man hier jedenfalls noch mit Abstand die besten Chancen auf eine wirklich gute Out-Of-The-Box-Erfahrung. Bei aller gebotener Kritik hat Valve sich hier für Linux-Nutzer wahrlich ins Zeug gelegt.

Die einzig wasserdichte Lösung ist eine Windows 10-VM mit sogenanntem GPU-Passthrough unter Linux zu verwenden. Hier hat man sowohl eine perfekte Kompatibilität als auch eine ideale Performance. Leider ist die initiale Einrichtung nicht ganz trivial, und auch die Hardware-Anforderungen sind nicht zu verachten. Aber wenn man den Aufwand nicht scheut, gibt es etliche gute Tutorials in Foren und beispielsweise auf YouTube, die die Konfiguration sorgfältig Schritt für Schritt erklären, so dass sogar Linux-Noobs wie ich zum Ziel kommen. Am Ende wird man mit Hilfe von QEMU und KVM mit einem 100% spieletauglichen Setup unter Linux belohnt. In der Theorie kann man unter Linux bei Bedarf jederzeit die Windows-VM hoch- und wieder runterfahren, wenn man gerade etwas spielen will, und das restliche System wird davon nicht beeinflusst. In der Praxis hat die miserable Wahl meiner Grafikkarte meine Erfahrung leider doch ein wenig getrübt. Insgesamt hat es sich dennoch absolut gelohnt, und so kann ich eben auch Cyberpunk 2077 spielen wann immer ich das möchte.

Nichtsdestotrotz ist dies explizit nur eine temporäre Übergangslösung, denn der bittere Nachgeschmack bei der Verwendung von Windows 10 bleibt – trotz der “Gaming-Sandbox”, die ich extra dafür aufgebaut habe. Bei meiner nächsten Linux-Installation pünktlich zum Ubuntu-Release 22.04 im kommenden Frühjahr werde ich mehr Wert auf Spieletauglichkeit legen und darauf achten, dass ich immer die neuesten Treiber erhalte, damit auch moderne Triple-A-Spiele kein Hindernis mehr darstellen. Sobald Proton bei mir endlich vernünftig funktioniert, wird die lästige Win 10-VM in die Tonne getreten. Das Thema Spiele unter Linux ist, wie gesagt, eigentlich weitaus komplexer, daher muss es bei diesem knappen Überblick vorerst bleiben.

Wo stehe ich aktuell mit meiner Meinung? Ist Linux ein geeignetes Desktop-Betriebssystem im Jahr 2021? Nach allem was ich heute weiß: Eindeutig ja, wenn man wenigstens ein bisschen bereit ist, sich auf etwas Umgewöhnung einzulassen, und wenn man nicht vollkommen stur darauf besteht, dass sich alles immer so wie Windows anfühlen und alles exakt genau wie Windows funktionieren muss, denn das wird es bei Linux garantiert nie. Und insbesondere beim Thema Spiele wird man sich noch auf ein paar Kompromisse einlassen müssen, wobei sich hier in den vergangenen drei Jahren schon extrem viel getan hat, und in Zukunft angeblich noch einiges tun wird, wenn man etwa Valve glauben schenken mag. Linux ist längst nicht mehr das spielefeindliche Betriebssystem, das es einst war.

Die Wahl der richtigen Linux-Distribution und der richtigen und geeigneten Tools ist hier außerdem absolut entscheidend! Wie man an meinem Beispiel sehen kann, wird man mit der falschen Distro nicht glücklich und eher abgeschreckt, während eine kluge Wahl den Übergang erleichtert. Im Moment würde ich persönlich beispielsweise nicht mehr auf die Kombination Mint + Cinnamon + Nemo und auch nicht mehr auf Ubuntu + MATE + Caja setzen wollen, denn mit beidem hatte ich so meine Probleme. Nicht, dass diese Distributionen schlecht wären, aber sie passen einfach nicht perfekt zu mir und meinen Vorstellungen von einem guten Bedienkonzept. Meine derzeitig favorisierte Distro wäre eher Ubuntu + KDE Plasma + Dolphin. Wer bei diesen Details nur Bahnhof versteht, muss sich keine Vorwürfe machen, denn probieren geht über studieren. Irgendwo muss jeder mal anfangen, und mit Ubuntu oder Linux Mint liegt man als Anfänger meistens richtig.

Bleibt mir nur noch eines zu sagen: Ich bin geheilt! Und ich bin ausgeprochen froh darüber, diesen immens wichtigen und großen Schritt endlich gemacht zu haben. Die Belohnung dafür ist, mehr Souveränität über meine eigenen Daten und meine Hardware zurückzuerlangen. Etwas, das längst überfällig war. Lange habe ich mich davor gedrückt, diesen Artikel tatkräftig anzugehen, denn ich wusste, egal wieviel Zeit ich in das Schreiben investieren, egal wie umfassend ich die einzelnen Aspekte behandeln würde, es könnte der Komplexität des Themas schließlich doch nie gerecht werden, und so blieb mir nur der unbefriedigendste aller Kompromisse: Eine äußerst oberflächliche Betrachtung mit kurzen Zusammenfassungen in einem trotz aller Bemühungen doch leider ausufernden Textbeitrag.

Nein, Corona hat mich nicht dahingerafft, wie man nach meinem letzten Beitrag vom Oktober und der anschließenden Funkstille hätte vermuten können. Stattdessen brachte mir der Jahreswechsel 2020/21 einige andere Seuchen, mit denen ich nach wie vor zu kämpfen habe. Auf einige davon werde ich in den kommenden Artikeln näher eingehen, schon alleine um das Erlebte darin zu verarbeiten und mit einigem davon abzuschließen. In Summe habe ich einiges von meiner früheren Motivation leider wieder verloren, und ich bin im Moment wieder dabei, sie schrittweise zurückzugewinnen, doch der Weg dorthin ist beschwerlich. Ich hoffe, heute ist der Tag für einen weiteren wichtigen Schritt. Tschakka!

Im November und Dezember habe ich alle wichtigen Vorbereitungen getroffen, um Windows als (Haupt-)Betriebssystem endlich abzuwerfen und dafür zu Linux überzusiedeln. Damit ich bei bestimmten Windows-only-Anwendungen nicht völlig hilflos bin, habe ich als Sicherheitsnetz jedoch beschlossen ein funktionierendes Windows 10 zumindest in einer kleinen VM unter Linux vorzuhalten. Dadurch wurde mein Setup leider erheblich komplexer. Den entsprechenden Umzug vollzog ich dann Anfang Dezember, seit welchem ich also mit Ubuntu MATE 20.04 LTS unterwegs bin. Wenn ich sagte, der Wechsel war für mich schwierig, wäre das eine ziemliche Untertreibung. Tatsächlich war es ein ziemlicher Höllenmarsch, und ich habe heute immer noch Bauchschmerzen von der Migration. Vieles was ich unter Windows 7 ganz selbstverständlich tun konnte, kann ich heute unter Linux nicht mehr. Es ist vielleicht ein bisschen wie nach einer Beinamputation, wenn man sich mühsam an die Krücken gewöhnt, und nun jede größere Treppe furchteinflößend wirkt, die man früher mit Leichtigkeit hinaufrennen konnte. So sieht also mein Fortschritt aus. Aber Mitte April bin ich immer noch hier. Das ist doch schonmal was.

Ende Dezember erwischte mich wieder mein alter, lästiger Husten, bei dem alle Ärzte bereits resignativ die Hände in die Luft werfen und mich quasi sofort zur Tür komplimentieren. Dieses Mal hatte ich mir aber zuvor keine Erkältung eingefangen, von der die Ärzte immer sagten, dass davon die Bronchien überreizt würden. Dieses Mal gab es nichts worauf man den Husten hätte zurückführen können. Ich musste mit meinem quälenden Husten bis Anfang April, also über drei Monate durchhalten, ehe die Symptome endlich wieder verschwanden. In dieser endlos langen Zeit setzte ich sämtlichen Sport aus, ernährte mich aus Frust sehr schlecht, zog mich insgesamt zurück. Meine gesamte körperliche und mentale Verfassung hat sehr darunter gelitten. Inzwischen geht es auch wieder bergauf, wenn auch nur sehr langsam. Aber zwischen all dem Schlechten habe ich auch eine wichtige Erkenntnis gewonnen, die ich demnächst näher ausführen möchte.

Auch beruflich sind bei mir einige Dinge im Unklaren, eine kleine oder vielleicht auch größere Umorientierung steht in den kommenden Monaten bevor, und Dinge, die mir gestern vollkommen klar waren, sind bereits heute zweifelhaft, und morgen schon ganz anders. In diesem unruhigen Fahrwasser habe ich Mühe, meine eigene, neue Rolle zu finden, die zu mir passt. Und wenn ich nicht selbst bald Klarheit erlange, ist die Gefahr groß, dass ich durch äußere Umstände in eine Rolle verschoben werde, die mich über- oder unterfordert, oder komplett falsch für mich ist. Und dann dürfte es schwierig sein, nachträglich dem neuen beruflichen Spannungsfeld zu entkommen.

Soviel erst einmal von der Front. Die Deep-Dive-Beiträge zu den einzelnen Themen lasse ich in Bälde folgen, wenn ich die Nerven dazu gefunden habe. Genug Stress für heute. Lasst euch nicht unterkriegen. Stay safe!

Einige Wochen ist Linux Mint inzwischen bei mir im Betrieb, und ich muss zugeben, die erste Euphorie hat sich schnell gelegt, und auch von meinem Optimismus ist heute nicht mehr allzu viel übrig. Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Betriebssystem sind auch begleitet von erster Ernüchterung über die vielen kleinen und mittelgroßen Steinchen, die es mir in den Weg legt. Im großen und ganzen läuft Linux Mint stabil und arbeitet ordentlich, aber ich bin dennoch nicht der Meinung, dass alles Sonnenschein ist. Ich wollte ursprünglich einen Artikel schreiben über positive und auch negative Aspekte des Betriebssystems, die mir bislang aufgefallen sind, aber die negativen Punkte liegen in einer solchen Vielzahl vor, dass ich alleine daraus einen Artikel schreiben kann. Im Folgenden also eine Liste der Störungen, die mir begegnet sind, geordnet von den schwerwiegendsten, über solche mit dem größten Nerv-Faktor, bis hin zu den unbedeutendsten.

Der Knaller zuerst: Die Linux-Updates funktionieren bei mir schon nicht mehr. Nach einem der letzten Updates zeigte mir Mint plötzlich an, dass die Boot-Partition voll ist, und seitdem scheitern sämtliche Updates. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass die Boot-Partition wohl nur 500 MB groß ist (hat Mint genau so angelegt, ich habe nichts dergleichen konfiguriert!), und Linux hat das Ding jetzt vollgemüllt und gibt den Platz nicht mehr frei. Super! Es ist erbärmlich für ein Consumer-Betriebssystem, dass es nicht „einfach funktioniert“, sondern im Gegenteil durch falsche Standardkonfiguration garantiert schon nach wenigen Updates die Updatefunktion komplett lahmlegt. Das ist dilettantisch. Dann muss ganz offensichtlich jemand dafür sorgen, dass die Standardkonfiguration eine andere ist. Inzwischen habe ich nachgelesen, dass ich Terminal-Befehle eingeben muss, um das Problem zu beseitigen. Keine GUI-Systemtools oder dringend nötige Betriebssystemautomatismen, die mir diese Arbeit abnehmen. Immer nur Terminalbefehle, um doofe Linux-Probleme zu beheben, die ich in anderen Betriebssystemen erst gar nicht hätte.

Einen Befehl zur Systemreinigung habe ich wieder einmal entgegen meiner Intention aus dem Internet ins Terminal kopiert (irgendwas mit „autoremove“ und „purge“), und sogar DER wirft Fehler („No space left on device“) und die Boot-Partition ist davon auch nicht freigeworden. Die üblichen Zeilen aus den Linux-Foren möge man sich hier als Echo in meinem Kopf vorstellen („Das ist so einfach!“, „Das kann wirklich jeder!“, „Einfach nur diesen Befehl hier eingeben und schon…“). Ich muss jetzt also eine Problemlösung im Internet suchen, um die defekte manuelle Systemreinigung zu reparieren, die nur nötig ist, weil es Mint nicht selbst gebacken bekommt seine Daten richtig zu ordnen? Liebe Ubuntu- und Mint-Entwickler, müssen die Nutzer eures Betriebssystems wirklich ein Informatikstudium absolvieren, damit sie es richtig bedienen können? Das kann doch nicht euer Ernst sein. Das sind Dinge, die das OS selbst verwalten können MUSS! Windows KANN das! Ich kann gar nicht soviel kotzen wie mich das jetzt schon nervt.

Beim Starten des Rechners, wenn ich das Kennwort für die Festplattenentschlüsselung eingeben soll, sind die USB-Geräte dummerweise noch gar nicht aktiv, so dass ich die Tastatur nicht verwenden kann. Ich muss dann den Resetknopf betätigen, damit Linux mir das Bootmenü anzeigt. Anschließend erscheint ein alternativer Bildschirmdialog, der ebenfalls das Kennwort für die Entschlüsselung erfragt – und hier ist die Tastatur zum Glück eingeschaltet und erlaubt die Eingabe. Aber jedes Mal bei einem erneuten Start des Systems muss ich wieder den Resetknopf drücken. Offenbar ist das ein altbekanntes Ubuntu-Problem, das in mehreren Jahren nie behoben wurde, obwohl es als kritisch eingestuft ist: https://bugs.launchpad.net/ubuntu/+source/plymouth/+bug/1386005

Der Filemanager meldet mir in schöner Regelmäßigkeit, dass es ein Problem mit meinem Thumbnail-Cache (Vorschaubildpuffer) gibt, das angeblich nur mit Root-Rechten beseitigt werden kann. Wieso muss der Nutzer mit solchem Kleinkram belästigt werden, und wieso kann das Betriebssystem den Fehler wieder nicht selbst beheben? Windows hat sich noch nie darüber beklagt, aber Linux muss da natürlich so wehleidig sein. Den Nutzer interessiert der Thumbnail-Cache überhaupt nicht, und er will nicht jedes Mal sein Passwort eingeben müssen, wenn – warum auch immer – mal wieder ein Vorschaubildchen kaputt gegangen ist.

Die Thumbnail-Generierung ist ohnehin der allergrößte Schwachsinn, das hätte man sich doch bitte bei Windows abgucken können. Wenn ich unter Linux ein sehr großes Verzeichnis mit tausenden Bildern öffne und irgendwo in die Mitte scrolle, dann berechnet der Dateimanager die Thumbnails. Alle Thumbnails. Von A bis Z berechnet er Thumbnails – minutenlang – und hört auch nicht mehr damit auf, erst wenn er irgendwann fertig ist. Die Festplatte rödelt sich tot, die CPU dreht hoch, es werden unnötig Ressourcen verschwendet. Und das geilste: Das macht er jedes Mal von vorne, wenn ich das Verzeichnis erneut öffne. Nemo berechnet die ganze Zeit Thumbnails für das ganze Verzeichnis und zeigt diese nach und nach an, während die Ansicht dabei permanent nach unten rutscht. Es ist kaum möglich in dieser Bewegung irgendwelche Dateien anzuklicken, weil alles an dir vorbeiscrollt. Wieso reicht es nicht, einfach nur die Thumbnails zu berechnen, die man aktuell im Fenster sehen kann? Große Verzeichnisse werden so automatisch zur Qual. Ich kann auch nicht so einfach zwischen Symbol-, Listen- oder Kompaktansicht hin- und herschalten, denn das dauert jedes Mal 1-2 Minuten, je nach Ordnergröße.

Meine externen Festplatten wurden beim ersten und zweiten Mal nach der Installation automatisch mit eingehängt, danach plötzlich nicht mehr. Scheint doch sehr willkürlich zu sein. Offenbar hängt Linux Festplatten beim Systemstart nicht immer automatisch ein. Ich musste erst einmal recherchieren, wie man Festplatten „manuell automatisch“ einhängen kann. Wieso muss ich Festplatten überhaupt manuell automatisch einhängen, wenn ich sie doch immer angeschlossen habe? Ach Mensch…

Das Tool zur Analyse der Festplattenbelegung funktioniert bei mir nicht richtig: Ich bekomme angezeigt, dass der größte Teil der Festplatte durch ein Verzeichnis „ecryptfs“ verbraucht wird, und darin sind nur …nunja … kryptische Dateien, die viel Platz brauchen. Wieso bekommt das Analysetool die Dateien nur in verschlüsselter Form zu sehen, wo ich im Dateimanager entschlüsselte Daten sehe?

Ich bin absolut kein Fan dieser unsichtbaren Mouseover-Scrollbalken, die Linux Mint überall forciert, also Scrollbalken die nicht sichtbar sind, erst wenn man den Fensterrand erreicht, werden sie eingeblendet. Das große Problem hierbei ist, dass mehrere Programme (wie z.B. Eclipse) den Bereich für die Scrollbalken dadurch nicht mehr RESERVIEREN, sondern als nutzbare Fensterfläche verwenden. Möchte ich also mit der Maus dort den Cursor hinter das letzte Zeichen einer langen Textzeile setzen, klicke ich unabsichtlich auf den vertikalen Scrollbalken, der dort sofort erscheint, weil der Scrollbalken ÜBER DEN TEXT gelegt wird. Es ist also mit der Maus überhaupt nicht mehr möglich, den Cursor an die richtige Stelle zu setzen, weil der Scrollbalken immer im Weg ist. Wer entwickelt so eine dämliche Scheiße?

Ganz zu schweigen von diesen extraschmalen Fenster-Titelleisten, die sich farblich nicht einmal von der Menüleiste unterscheiden und dadurch größer aussehen als sie sind. Möchte ich das Fenster also kurz an der Titelleiste anklicken um es irgendwohin zu ziehen, klicke ich fast immer erst daneben, nämlich in den Bereich der Menüleiste, weil da viel mehr Fläche zum Anklicken ist. Könnte man die Fenster nicht einfach auch im leeren Bereich der Menüleiste verschiebbar machen?

Gelegentlich, mehrmals täglich, flackern alle möglichen Fenster schwarz, manchmal der Desktophintergrund, manchmal der halbe Bildschirm, manchmal nur kleinste Teilbereiche von geöffneten Fenstern. Alle paar Stunden flackert irgendwas für ein paar Sekunden, und hört dann plötzlich wieder auf. Ich müsste Linux dafür nicht unbedingt die Schuld geben, da es vermutlich ein Treiberproblem ist, aber da ich nunmal eine Nvidia-Grafikkarte von der Stange verwende, und den offiziellen Treiber, und da Windows keine solchen Probleme hat, stört es mich doch sehr. Auch ein neuer Nvidia-Treiber hat nichts geändert. Offenbar ein steinaltes Ubuntu-Problem, und offenbar auch nach Jahren noch nicht behoben: http://askubuntu.com/questions/263996/fixing-the-nvidia-graphics-screen-flicker-issue

Manchmal, wenn ich via DRUCK-Taste bzw. mit ALT-DRUCK einen Screenshot anfertigen will, erkenne ich auf dem Bild mehrere merkwürdige schwarze Streifen, bzw. schwarze schmale Blöcke, mittig und rechts, die (offenbar immer an denselben Stellen) Bereiche des Bildes verdecken. Nicht immer, aber immer öfter.

Bei großen Dateitransfers von bzw. auf USB-Platten, bewegt sich der Mauszeiger plötzlich nur noch ruckartig durchs Bild, scheint immer wieder kurz hängenzubleiben, trotz gleichmäßiger Bewegung der Maus. Auch Tastatureingaben scheinen immer wieder für Bruchteile von Sekunden zu hängen, und auch Fenster bauen sich oft erst mit Verzögerung und erkennbar schrittweise auf. Es scheint mir so, dass Linux Probleme mit der Höherpriorisierung von USB-Eingabegeräten bzw. der CPU-Priorisierung hat, und dem Kopiervorgang alles andere unterordnet. Kein großes Problem, aber ein ziemlich dämliches, unnötiges.

Ich bin nicht besonders begeistert davon, wie unrund und ungeschliffen das Betriebssystem in vielen Kleinigkeiten ist. Vieles wirkt irgendwie ambitioniert, aber dann leider nicht ausreichend gut durchdacht. Im Endeffekt kommt alle paar Tage etwas dazu, was mir die ganze Sache noch ungenießbarer macht, mich noch mehr ärgert. Einiges davon mag daher rühren, dass es „nicht wie Windows ist“, und ich mich eigentlich nur richtig daran gewöhnen müsste, andere Probleme, wie die defekte Updatefunktion, die flackernden Fenster, dass die USB-Geräte beim Hochfahren nicht rechtzeitig eingeschaltet werden, und dass das Betriebssystem bei Kopiervorgängen manchmal grundlos herumruckelt, haben definitiv nichts mit meiner Windows-Sichtweise zu tun.

Ich fürchte an dieser Stelle muss ich meine vorschnelle Empfehlung von Linux als Betriebssystem für Windows-Umsteiger zurückziehen. Linux ist tatsächlich NUR Leuten zu empfehlen, die wirklich großen Spaß daran haben, kryptische Befehle aus Foren in das Terminal zu kopieren und Konfigurationsdateien von Hand anzupassen. Für alle anderen, die nicht basteln wollen, für die das Betriebssystem „einfach nur funktionieren“ soll, sind Windows und macOS die WEITAUS bessere Wahl, auch im Jahr 2017, so schwer es mir fällt, das zu bestätigen. Die Linuxer sind stolz darauf, wenn sie ihre geliebten Befehle ins Terminal tippen dürfen, und darum wird sich an der Usability des Betriebssystems vermutlich auch nie etwas ändern.

Linux und ich, wir beide haben eine schwierige Beziehung. Wir verstehen uns nicht besonders gut, aber wir kommen zur Not miteinander aus, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Ich kann den Linux-Desktop bedienen, wenn ich muss, und ich bin auch in der Unix-Shell nicht völlig hilflos, auch wenn ich die Konsolenbefehle meistens trotzdem immer wieder nachlesen muss. Ich empfinde oft eine gewisse prinzipielle Sympathie für Linux, aber ich habe auch Vorbehalte und in mancher Hinsicht wiederum sogar eine Abneigung. Schon im Jahr 2000 begann ich mich grundsätzlich für Linux zu interessieren. Im Juli 2003 besuchte ich sogar den LinuxTag in Karlsruhe und hörte mir einige Vorträge an. Ich wollte mich informieren. Meine ersten eigenen Gehversuche in der Linux-Welt machte ich dann tatsächlich erst im Jahr 2005 mit SUSE Linux in einer virtuellen Maschine.

Ich wollte eigentlich gar nicht viel machen, nur einen Apache Webserver installieren, dann darin eine OTRS-Installation laufen lassen. Nur so zum Spaß und zum Testen. Ich rechnete bereits fest damit, dass nichts funktionieren würde, und so ging die Installation von Apache wie erwartet total in die Hose. Jeder Fliegenschiss unter Linux musste umständlich über die Konsole gemacht werden, der Linux-Desktop war vermutlich nur als Gag dabei, um Windows-Nutzer zu trollen. Meine Arbeit bestand hauptsächlich darin, kryptische Fehlermeldungen aus der Shell bei Google einzutippen, im Internet nach einer Lösung zu suchen, daraus wiederum kryptische Befehle in die Shell einzutippen, und das dann jeweils für die nächsten 200 Fehlermeldungen. Da werden reihenweise Pfade nicht gefunden, irgendwelche Pakete fehlen, die Zeichenkodierung ist falsch, Dateien können nicht gelesen werden, Berechtigungen sind falsch gesetzt, der Mond steht nicht im richtigen Verhältnis zur Sonne, man kennt das ja. Schöne, gemütliche Linux-Welt.

Schon im Jahr 2008 startete ich einen erneuten Versuch, mich endlich so richtig mit Linux anzufreunden, die Chancen standen besser denn je: Linux war offenbar so richtig ausgereift und benutzerfreundlich geworden. Linux ist die Zukunft, wie könnte ich dem Betriebssystem da eine zweite Chance verweigern? Ich glaube ich installierte Fedora oder Debian oder sowas. Ich konnte tatsächlich schon recht viel mit dem Desktop arbeiten, da störte es mich auch nicht, dass die Soundtreiber für das Notebook unter Linux nicht funktionierten. Es sah schließlich alles so schön aus. Ich wollte einen Compiler für C++ ausprobieren und versuchte nach einer Internet-Anleitung über die Konsole (wie denn auch sonst?) den GCC zu installieren. Die Installation war mir nach anfänglichen Problemen irgendwann geglückt. Dummerweise wusste ich leider nicht, wohin der Compiler eigentlich installiert worden war oder auf welchen Namen er hörte. Die Installation über die Konsole kommt einem doch sehr spartanisch vor, wenn man die bunten Windows-Installer gewohnt ist, die brav nach dem Pfad fragen. Ich kratzte mich hilflos am Kopf während ich versuchte, aus dem Linux-Dateisystem schlau zu werden. Wo ist Laufwerk C? „etc“? „opt“? „var“? Hilfe, wie kann ich Dateien suchen?

Okay, ich hätte mich schlauer anstellen können, aber es macht einfach keinen Spaß, sich wie der größte Anfänger zu fühlen, und Linux gab mir genau dieses unangenehme Gefühl. Und so verschwand Linux wieder von meinem Notebook. Dennoch verwarf ich meinen ursprünglichen Plan nie, es irgendwann doch einmal ganz ernsthaft zu versuchen, wenn die Zeit reif ist. Aber dazu müsste Linux mir schon noch ein ganzes Stück entgegenkommen.

Januar 2016: Microsoft gibt sich seit Monaten mit der aktuell noch kostenfreien Spyware Windows 10 alle Mühe, mir den Spaß an Windows endgültig zu verderben. Ein Wechsel zu Windows 10 kommt für mich derzeit aus mehreren Gründen überhaupt nicht in Frage. Es ist also der perfekte Zeitpunkt, einen Blick auf eine aktuelle Linux-Distribution zu werfen, die zudem besonders anfänger- und umsteigerfreundlich zu sein scheint: Ubuntu. Schon vor Monaten habe ich mich bei echten Linux-Fans unter meinen Arbeitskollegen informiert und mich beraten lassen. Ubuntu sei so wundervoll, sehr benutzerfreundlich und wirklich extrem leicht zu bedienen. Die Probleme der Vergangenheit sind alle längst behoben, sogar die Treiberunterstützung wurde deutlich verbessert. Prima, dann ist ja alles klar.

Ich installierte mir also Ubuntu 15.10 in Virtualbox:

ubuntu

Oh, ja, in der Tat sehr wundervoll. Ubuntu lässt sich nicht starten. Schon kurz nach der Installation ist meine Abenteuerreise beendet, der Zeichensalat auf dem Bildschirm sah jedenfalls nicht nach dem Betriebssystem aus, das ich haben wollte. Ich musste wohl irgendetwas falsch gemacht haben. Sogleich wurde die VM gelöscht, neu angelegt und Ubuntu nochmals installiert. Diesmal aber richtig und mit doppelt soviel Konzentration bei den Details.

Nachdem auch die zweite Installation zu meinem Entsetzen scheinbar missglückt war und Ubuntu sich partout nicht starten ließ, beschloss ich entgegen meiner eigentlichen Vorsätze die Fehlermeldung wie gewohnt bei Google einzutippen. Dadurch fand ich tatsächlich heraus, dass ich die Bootreihenfolge der Laufwerke ändern musste, so dass die VM zuerst von der Festplatte startet (obwohl keine DVD im Laufwerk ist). Für aussagekräftigere Fehlermeldungen ist in der Linux-Community offenbar auch kein Geld da. Es ist mir schleierhaft, wie ich aus dem hingerotzten Output erkennen soll, dass die Bootreihenfolge falsch ist oder warum sie falsch ist. „I/O Error“, „Unable to read page“, „squashfs_read_data failed to read block“, „SQUASHFS error“, alles klar, das hilft mir natürlich weiter. Auch hätte ich doch von Geburt an wissen müssen, dass „dev sr0“ das DVD-Laufwerk ist. Aha.

Ubuntu fängt also wieder GENAU so an, wie ich Linux seit vielen Jahren kenne und hasse: Ich muss jedes Mal nach Fehlermeldungen googlen, um das Betriebssystem halbwegs nutzen zu können. Egal wie ich es anfange, endet es irgendwie immer damit, dass ich Fehlermeldungen in eine Suchmaschine eintippe um jemanden zu finden, der irgendwo die Lösung gepostet hat. Wieso geht das bei Linux nicht anders? Ich kann es mir absolut nicht erklären. Ich will das nicht, ich habe darauf keine Lust. Ich versuche es vielleicht in 4 Jahren nochmal. Merci, dass es dich gibt, Windows 7.