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In Vorbereitung auf das baldige Ende von Windows als meinem Haupt-Betriebssystem nach mehr als 23 Jahren experimentiere ich unter anderem mit VirtualBox als Ausführungsumgebung für alte Windows-Versionen, um darin alte Spiele auch weiterhin verwenden zu können. Nachdem sich in meinem letzten Artikel zu diesem Thema PCem als PC-Emulator für Windows 98 SE zumindest im Rahmen meiner Stichprobe bereits als überraschend kompatibel und ergiebig erwiesen hat, wollte ich den Schwierigkeitsgrad nun deutlich erhöhen. Heute geht es um das Thema Virtualisierung mit der beliebten Open-Source-Lösung VirtualBox.

Die Unterstützung für Windows 95/98 unter VirtualBox ist bekanntermaßen miserabel, weil die Entwickler darauf bedauerlicherweise überhaupt keine Lust haben. Daher gibt es auch keinerlei Guest-Additions (wie etwa unter VMware), und die Hardware-Unterstützung ist bestenfalls rudimentär. Keine gute Voraussetzung, um damit Spiele testen zu wollen. Aber was wäre die Community ohne ihr Ideenreichtum, denn es gibt durchaus fundierte Anleitungen im Internet, um zum Beispiel Windows 98 einigermaßen genießbar zu machen. Wie einigermaßen genießbar das am Ende sein würde, darüber wollte ich mir nun selbst ein Bild machen, um zu sehen, ob diese Option für mich eine Zukunft haben könnte.

Google funktioniert im Jahr 2020 immer noch mit dem beliebten Internet Explorer 5

Wie bereits im Artikel zuvor möchte ich betonen, dass das hier keine Anleitung werden soll, denn für interessierte Mitleidende gibt es bereits genug Hilfestellung im Netz. Stattdessen gehe ich auf die Dinge ein, die mir aufgefallen sind. Während man bei der Konkurrenz von VMware zur Installation von Windows 98 zum Beispiel mit einer vollständigen Unattended-Installation und sehr leistungsfähigen Guest-Additions umschmeichelt wird, bekommt man unter VirtualBox nicht einmal einen Knochen hingeworfen. Windows 98 verbrennt Out-Of-The-Box unter VirtualBox mangels ACPI-Unterstützung leider CPU-Zyklen ohne Ende, was das Betriebssystem komplett unbenutzbar macht. Das Problem ist zwar lösbar, allerdings muss man dazu den Installationsvorgang etwas modifizieren.

Am Ende des recht langwierigen Prozesses hat man ein lauffähiges und auch noch relativ reaktionsschnelles Betriebssystem, aber die Grafik- und Soundtreiber bleiben leider ein Problem, und die Gast-zu-Host-Kommunikation ist minimal. Eine Internetverbindung über LAN lässt sich noch mühelos konfigurieren, und schon darf man mit dem gruselig antiquierten Internet Explorer 5 ins Netz. Selbstredend gibt es für den senilen Browser hier nicht mehr viel zu sehen, da die meisten Webseiten längst auf völlig neue Technologien setzen. Um die Grafikeinstellungen zu verbessern, ist der SciTech Display Doctor 7 heute das Non-Plus-Ultra, der einen universellen SVGA-Treiber mitbringt, mit dem man Windows 98 auf bis zu 1600×1200 Pixeln und sogar 32 Bit Farbtiefe einstellen darf. Letzteres soll angeblich die Performance unter VirtualBox deutlich verbessern. Zumindest in dieser Hinsicht bekommt man also ein ganz brauchbares, modernes Setup in angenehmer Auflösung.

Das Thema Sound ist unter VirtualBox leider ein gewaltiger Hemmschuh. Die Virtualisierungssoftware bringt wahlweise eine virtuelle SoundBlaster 16 oder einen RealTek AC’97-Chip mit. Der geneigte Retrogamer bekommt natürlich feuchte Augen, wenn er nur die SoundBlaster 16-Option sieht, denn die wäre ja vollkommen ausreichend in 99% der Fällen. Aber leider haben die Flachzangen bei Oracle wohl an der Implementierung gespart. Die Leistung ist selbst mit dem offiziellen Creative-Treiber nur schwer zu ertragen, und MIDI-Unterstützung sucht man vergeblich, womit man in vielen Spielen von vor 1998 eben gänzlich ohne Musik auskommen muss. Aber es gibt Hoffnung, denn technikversierte Community-Mitglieder haben stattdessen einen obskuren Windows 95-Treiber für den AC’97-Chip aufgetan, der schließlich sogar MIDI ermöglicht. Dies ist heute offenbar das Mittel der Wahl, wenn man Windows 98 verwenden möchte. Das Umkonfigurieren der VM ist zum Glück nur eine Angelegenheit von Sekunden, und schon hat man eine andere Soundkarte drin.

Noch ist wenig los am Ballermann, in Holiday Island von 1996 in VirtualBox

Nun war es also an der Zeit, ein paar wirklich alte Spiele auf meine Installation loszulassen, darunter das von mir geschätzte und heutzutage kaum noch bekannte „Holiday Island“ von der Firma Sunflowers Interactive. Hierbei handelt es sich um ein witziges Aufbauspiel für ein Urlaubs-Resort auf einer tropischen Insel, ähnlich wie das neuere Rollercoaster Tycoon. Holiday Island ist berüchtigt dafür, bereits ab Windows 2000/XP nicht mehr problemlos lauffähig zu sein. Es lässt sich oft mit Hilfe von Registry-Tricks und anderen technischen Kniffen starten, zeigt dann aber während des Spielens unterschiedlichste Probleme, ist also nur noch bedingt spielbar. Das fällt natürlich nicht auf, wenn man immer nur die ersten 5 Minuten vom Spiel sehen will, um zu beweisen, dass es läuft.

Die Installation von Holiday Island verlief noch beinahe ohne Zwischenfälle, aber der CD-Kopierschutz machte daraufhin Schwierigkeiten, und die SVGA-Autoerkennung schlug bei mir fehl. Der erste erfolgreiche Start des Spiels nach einiger Bastelarbeit im Installationsverzeichnis machte Hoffnung und die Videos liefen einwandfrei. Nachdem ich die ersten Gebäude platziert hatte, erhielt ich einen Bluescreen in der VM, das Spiel lief aber weiter. Soundeffekte und Musik funktionierten mit dem AC’97-Soundchip ganz passabel. Die Performance war im großen und ganzen halbwegs brauchbar, wenn auch nicht optimal. Die Tonausgabe stotterte gelegentlich. Das Optionsmenü zeigte teilweise keine Beschriftungen. Nach etwa 15 Minuten fiel der Sound plötzlich grundlos aus. Fazit: Das Spiel ist spielbar, aber ein wenig leidensfähig muss man mindestens sein.

Zweites Spiel auf meiner Liste war Sim City 2000. Dieses ließ sich ganz einfach installieren und starten. Die Animation im Hauptmenü funktionierte nicht (benötigt wohl 256 Farben), und im Spiel gab es bei mir keine Soundeffekte, aber die MIDI-Musik läuft immerhin. Die Spielperformance sah soweit gut aus. Das Soundproblem ist natürlich eine gewaltige Einschränkung, die ich nicht lösen konnte, aber spielbar ist es irgendwie. Anschließend wollte ich Theme Hospital kurz testen, aber auch hier hat der CD-Kopierschutz den Start verhindert, und ich wollte keine Zeit damit vergeuden, noch mühsam eine lauffähige Version zusammenzupatchen.

Ein Weltraum-Monster greift Atlanta an, in Sim City 2000 aus dem Jahr 1993 in VirtualBox

Das dritte getestete Spiel war Myst von 1993, ein ebenfalls von mir sehr geschätztes Rätselspiel. Auch hier lief die Installation zunächst rund, bis der Installer mir mitteilte, dass er nun Apple Quicktime installieren wolle, woraufhin aber die Installation plötzlich beendet war, und nichts mehr passierte. Ein wenig verdutzt startete ich das Spiel, was auch funktionierte, aber es gab kein Introvideo zu sehen. Stattdessen lag direkt das mysteriöse Buch vor mir. Mit zwei Mausklicks konnte ich es öffnen um zum Pier der Myst-Insel katapultiert zu werden, aber das Spiel hing sich an dieser Stelle auf. Die Transition funktionierte nicht. Ein Neustart der VM war nötig. Das Experiment war für mich hier beendet.

Spiele unter Windows 98 in VirtualBox? Leider nein. Naja, einiges funktioniert natürlich, manchmal sogar erfreulich gut. Anderes dagegen klappt nur mit Einschränkungen oder überhaupt nicht. Die Spielekompatibilität ist hölzern und unkomfortabel, die Performance ok – wenn man Glück hat -, aber gern auch ruckelig und eher langsam, der Sound geht entweder nicht oder stottert. Videos funktionieren mal prächtig unter Holiday Island, aber in Myst leider wieder nicht. Selbstverständlich kann ich nicht ausschließen, dass meine Windows 98-Installation und meine VM-Konfiguration sich noch verbessern lassen, aber zumindest mit Hilfe der üblichen Anleitungen von Fans im Internet lässt sich meines Erachtens nicht viel mehr herausholen. Daher betrachte ich mein Setup dahingehend als nahe am Optimum. Und dieses ist unglücklicherweise wenig optimal um damit meine kleine (wenig repräsentative) Auswahl von Spielen zu spielen. Ich fürchte also, dieses Thema brauche ich künftig nicht mehr weiterverfolgen.

Ladies and Gentlemen, we have a winner: Der Mörder war diesmal die Soundkarte. Mein derzeitiger Rechner hat mich in den letzten Wochen so einige Nerven gekostet. Wieder einmal hat sich mir gezeigt, dass es selbst für Informatikabsolventen und Informatikstudenten alles andere als einfach ist, die Fehlerquelle eindeutig zu bestimmen, wenn der Rechner nicht mehr das tut, was er eigentlich tun sollte. Mein System hat gute Arbeit geleistet und so einige rote Heringe ausgelegt, um mich zu verwirren. Aber alles nacheinander.

Den Rechner hab ich im Februar 2009 zusammengebaut und ihn seitdem kontinuierlich in Betrieb. Das Ding lief so stabil, dass es schon fast unrealistisch war. Zwischendurch gab es Probleme mit einem defekten RAM-Riegel, aber das ist inzwischen auch schon über ein Jahr her. Bis vor wenigen Wochen lief alles gut. Dann kam der erste unangekündigte Absturz. Zufall, denkt man sich. Ein Tag später der nächste Absturz, wieder ein Blackscreen. Da dachte ich zuerst an den Arbeitsspeicher. Inzwischen stürzt die Kiste alle 20 Minuten ab. Freezes, Blackscreens, einmal sogar ein Bluescreen mit einer NVidia-Treiberdatei. Womöglich die Grafikkarte?

Alle RAM-Riegel werden stundenlang sowohl zusammen als auch getrennt mit Memtest86+ getestet. Einer der Riegel sticht heraus und wirft insgesamt drei Fehler, mehr nicht. Im Einzeltest kommt der Rechner mit diesem Riegel teilweise erst gar nicht über das BIOS hinaus oder Memtest hängt sich auf. Aha, da haben wir es. Der Arbeitsspeicher war schuld. Defekten Riegel ausgebaut, Windows hochgefahren. Juhu, es läuft! Jedenfalls bis Windows wenige Minuten später einfriert und der Rechner neustartet. RAM war es wohl doch nicht.

Das nächste Kapitel wird eingeleitet. Aus Verzweiflung tausche ich meine Grafikkarte durch eine zufällig herumliegende Low-End-Grafikkarte. Windows fährt hoch und läuft. Stundenlang ohne Absturz. Tagelang sogar. Soso, da war also meine Grafikkarte defekt, das erklärt die NVidia-Fehlermeldung. Vielleicht aber auch das Netzteil plötzlich defekt? Zuwenig Saft für so eine hungrige Grafikkarte? Sind ja immerhin nur 420 Watt, aber hat doch sonst auch immer gereicht. Egal, Problem gelöst. Ich kann zwar kein Crysis 2 mehr spielen, aber wenigstens läuft der Rechner.

Am nächsten Morgen ist die Soundkarte stumm. Der Mixer zeigt ein Signal an, aber es kommt nix aus dem Ausgang. Nach einem Reboot gehts wieder. Alles in Ordnung. Tags darauf dasselbe Problem: Soundkarte aus. Wie jetzt? Soundkarte defekt? Netzteil zu schwach/defekt? Mainboard defekt? Poltergeist im Rechner? Ich will mir einen Film ansehen, doch nun fällt die Soundkarte in Abständen von zehn Minuten aus. Kurzerhand wird die Soundkarte ausgebaut und der billige Onboard-Soundchip aktiviert. Das ist reine Symptombekämpfung.

Inzwischen habe ich mir ein neues Netzteil mit 450 Watt und zusätzlichen Arbeitsspeicher bestellt, da der fehlende scheinbar defekte Riegel ein ziemliches Loch hinterlassen hat. Altes Netzteil raus, neues Netzteil rein, neue RAM-Riegel rein, Soundkarte wieder rein. Die Grafikkarte wollte ich auch tauschen, bis mir aufgefallen ist, dass das Netzteil zuwenig Anschlüsse hat. Was solls. Rechner stürzt nach einer Stunde ab, dann nach 20 Minuten. Inzwischen bleiben nur noch Soundkarte und Mainboard als Fehlerquelle übrig. Soundkarte wieder raus -> System läuft stabil.

Letztes Kapitel: Ich baue das alte Netzteil und die stärkere Grafikkarte wieder ein. Keine Abstürze. Netzteil ist also ok, Grafikkarte auch. Offenbar war die Soundkarte die ganze Zeit das Problem, aber der Fehler hat sich sehr gut getarnt. Zumal die Karte ja im Prinzip funktioniert, also wenn überhaupt nur einen sehr unscheinbaren Teildefekt hat, den ich nicht verstehen kann. Womöglich ist ja auch nur der PCI-Slot kaputt, an dem die Soundkarte hing. Das müsste ich mal als nächstes testen. Scheint jedenfalls so als wäre der Albtraum fürs erste vorbei, aber ich warte insgeheim noch auf den nächsten Absturz. Danach fliegt die Kiste in hohem Bogen aus dem Fenster und ich kaufe mir einen neuen.

Was war nun mit dem defekten RAM-Riegel? Hatte mein Rechner etwa gleichzeitig zwei voneinander unabhängige Defekte? Wieso lief das System nach dem Grafikkartenwechsel trotz eingebauter Soundkarte stabil? Und wieso zeigt Windows beim Bluescreen ein Problem mit dem NVidia-Treiber, wenn die Grafikkarte völlig in Ordnung ist? Seien Sie auch nächste Woche wieder dabei, wenn es heißt: X-Factor – Das Unfassbare.