Archiv der Kategorie: Film & TV

breakingbad1Vielleicht nicht DIE beste Serie, die ich mir je angesehen habe, aber es reicht locker für meine persönliche Top 3, würde ich sagen: Breaking Bad. Wen man auch fragt, jeder, der die Serie gesehen hat, spricht nur in den höchsten Tönen davon. Nachdem ich zuletzt mit Captain Future eine Reise in die Vergangenheit der Fernsehgeschichte gemacht habe, wollte ich wieder einen Blick in die Gegenwart wagen. Es hat sich nicht einfach nur gelohnt, es hat mich umgehauen. Es folgt ein kurzer Überblick über die Handlung und meine persönlichen Eindrücke, bei dem ich – wie immer – nur soviel über die Handlung vorwegnehme wie nötig, und so vage bleibe wie möglich. Aber die Spoilerwarnung möchte ich dennoch als ernstgemeint betrachtet wissen.

Breaking Bad ist die Geschichte über den (je nach Sichtweise) rasanten Aufstieg oder Absturz des Walter White, bzw. eigentlich mehr seinen Weg vom Regen in die Traufe, wobei Traufe vielleicht doch mehr so eine Art Sumpf ist, ein Drogensumpf vielleicht. Genau, also sein Weg vom Regen in den schlimmsten Drogensumpf, den man sich vorstellen kann. Der relativ erfolglose aber hochintelligente Chemielehrer Walter White lebt das Leben eines langweiligen, durchschnittlichen Amerikaners, mit einem kleinen Haus mit Pool, seiner schwangeren Ehefrau Skyler, seinem behinderten Sohn Walter jr. und einem Job, der irgendwie nie genug Geld einbringt, so dass er sein Gehalt mit einem Nebenjob aufstocken muss. Das wäre wohl alles noch zu ertragen gewesen, aber das Schicksal meint es nicht so gut mit ihm: Man diagnostiziert fortgeschrittenen Lungenkrebs bei ihm – inoperabel. Da hat sich das Nichtrauchen doch absolut gelohnt.

Walter hält seine Krankheit vor seiner Familie geheim, und beginnt gleichzeitig damit, sich Gedanken darüber zu machen, was nach seinem Tod aus seiner Familie wird, vor allem aus finanzieller Sicht. Als sein Schwager Hank Schrader, Agent bei der DEA (Drogenvollzugsbehörde), ihn zu einem kleinen Einsatz mitnimmt bei dem ein Drogenlabor ausgehoben werden soll, beobachtet Walter wie eine Person heimlich fliehen kann: sein ehemaliger Problemschüler Jesse Pinkman. Da er seiner Frau und seinen Kindern mit dem Waschen von Autos kaum rechtzeitig eine nennenswerte Menge Geld hinterlassen wird, beschließt er, seine Chemiekenntnisse einzusetzen, um in die Drogenherstellung einzusteigen. Er weiß was er riskiert, aber angesichts seiner äußerst schlechten Situation erscheint ihm seine Entscheidung als vertretbar. Er drängt Pinkman zu einer geschäftlichen Partnerschaft beim Kochen und Verkaufen der Designerdroge „Crystal Meth“.

breakingbad2Womöglich hat er unterschätzt, WIE schmutzig das Drogengeschäft eigentlich ist, denn sein Traum vom gemütlichen Doppelleben als der begnadete Methamphetamin-Koch „Heisenberg“ zerplatzt relativ früh, schließlich müssen da Zeugen, Konkurrenten und unkooperative ehemalige Geschäftspartner beseitigt werden, bevor man selbst beseitigt wird. Walter muss sein Leben täglich ein bisschen mehr aufs Spiel setzen, seine selbstgesetzten moralischen Grenzen immer ein bisschen weiter überschreiten, damit seine zweifelhafte Karriere nicht auffliegt. Den Schein des spießigen, ahnungslosen Familienvaters zu wahren, fällt schon bald immer schwerer, und dadurch bekommt sein Lügengebilde die ersten großen Risse. Dass sein eigener Schwager bei der DEA auch noch ohne es zu ahnen dicht auf seiner Spur ist, macht Walters Alltag zwischen Chemotherapie, Auftragskillern, Familie und Drogendealern umso verzwickter.

Breaking Bad ist extrem spannend und komplex, in der Hinsicht kann die Serie absolut etwa mit „24“ mithalten, die ich ebenfalls für außergewöhnlich halte. Wer aber allergisch gegen keifende Ehefrauen ist, wird so manche Episode nur schwer verdauen können. Nichts fand ich in der Serie so ekelhaft wie Skyler White. Kinder beschützen hier, Kinder in Gefahr da, sie will um jeden Preis die Löwenmutter spielen, scheitert aber kläglich daran. Stattdessen wirkt sie wie der letzte Hausdrache, eine herumbrüllende Geisteskranke, und noch dazu wie eine untreue, herzlose Furie. Zwischen all den schmierigen Drogenbossen und skrupellosen Killern ist Skyler die unsympathischste Figur in der Serie. Das hat sie sich wirklich verdient, und das musste mal gesagt werden.

Hauptdarsteller Bryan Cranston dürfte den Deutschen noch am ehesten als Vater aus der Serie „Malcolm Mittendrin“ bekannt sein, aber zwischen beiden Serien liegen Welten. Wer Breaking Bad bis jetzt noch nicht gesehen hat, sollte das schleunigst nachholen. Es lohnt sich. Die Charakterentwicklung ist beispiellos und auch bis ins letzte Detail glaubhaft. Soviele spannende Wendungen erlebt man selten. Cliffhanger werden sparsam eingesetzt, aber wirkungsvoll. Über das Finale verliere ich hier besser kein Wort, auch wenn man da noch das eine oder andere hätte sagen können. Als Zuschauer hat man irgendwann keine Ahnung mehr, für welche Figur man eigentlich mehr Verständnis haben sollte, und bekommt ein Lehrstück in fünf Staffeln darüber, dass, wer sich mit dem Bösen einlässt, irgendwann selbst dazugehört.

captainfuture1Erneut geht ein kleines Fernsehserienerlebnis in meinem Leben zuende, das mir einen kurzen abschließenden Kommentar wert ist. Dieses Mal wollte ich eine Serie aus meiner Kindheit wiederaufleben lassen. Von der japanischen Anime-Serie Captain Future sah ich als Kind nur vereinzelt ein paar Episoden, so dass mir nur sehr blasse Erinnerungen verblieben waren. Wieso also nicht einmal einen detaillierten Blick auf das Gesamtwerk werfen? Nunja, jetzt weiß ich warum. Manche Kindheitsgeschichten sollte man besser dort lassen wo sie hergekommen sind.

Die Zeichentrickserie entstand im Jahr 1978, und fällt damit in eine prominente Kinoära in Sachen Science-Fiction: Star Wars war gerade in den Kinos, an Star Trek: The Motion Picture wurde noch gearbeitet. Nicht mehr ganz aktuell war John Carpenters Dark Star, dafür folgten außerdem der Weltraumschocker Alien und Disneys Das Schwarze Loch. Kurzum, Sci-Fi war bei uns ziemlich angesagt. Vielleicht war das der Auslöser, wieso diese Serie entstand, und wieso das ZDF Captain Future nach Deutschland holen wollte. Einerseits könnte man dem öffentlich-rechtlichen Sender ausnahmsweise mal dankbar sein, andererseits müsste man das ZDF und das Synchronstudio verurteilen, dafür dass es wieder nur für die grotesk falsche Gleichung Zeichentrick = Kinderserie gereicht hat. So wurde aus dem japanischen Original alles herausgeschnitten, was für Kinder irgendwie ungeeignet erscheinen mochte. Die Serie wurde damit ziemlich entwertet.

Als Kind hatte ich wesentlich mehr Freude an der Serie, das muss ich zugeben. Heute fallen mir die vielen Schwächen, die sinnlosen Albernheiten und unlogischen Stellen zu deutlich auf. Schon bei H. G. Wells Time Machine fragte ich mich, wie wahrscheinlich es sein mochte, dass man in 700.000 Jahren in der Zukunft noch Menschen findet, geschweige denn welche, die noch irgendeine unserer Sprachen sprechen. Captain Future treibt diese Idee völlig auf die Spitze: Er reist mal eben 5 Milliarden Jahre in die Vergangenheit, oder 2 Milliarden Jahre in die Zukunft. Und dort hält er ein Schwätzchen mit den menschlichen Einwohnern irgendwelcher Planeten. Ja sicher. Ganz absurd wird es, wenn Captain Future mit Wissenschaftlern darüber diskutiert, ob ein bestimmtes Vorhaben in angemessener Zeit machbar sein wird: „Das dauert doch bestimmt 120.000 Lichtjahre!“ – „Nein, das dauert sicher keine 120.000 Lichtjahre!“ (sinngemäß). Das Synchronstudio scheint sehr viele Lichtjahre gebraucht zu haben, um einen Astronomie-Grundkurs zu besuchen.

captainfuture2Tatsächlich um Lichtjahre voraus war der tolle Synthi-Soundtrack von Schlagermusiker und ehemaligem GEMA-Jemanden-Abzocken-Aufsichtsrat Christian Bruhn. Wir hatten wirklich großes Glück, dass wir nicht das japanische Original-Intro aufgedrückt bekamen, denn dessen generischer schwermütiger Singsang passte überhaupt nicht zum Thema. Im Gegensatz zur etwas altbackenen Serie ist der deutsche Soundtrack absolut zeitlos. Phil Fuldner erkannte das Potenzial 1998, als er das fetzige Kampfthema der Serie zu dem Elektrohit „The Final“ verarbeitete.

Kampf ist übrigens das richtige Stichwort: Häufig kam es in der Serie vor, dass die Future-Mannschaft in einen Kampf verwickelt wird, und als die Kampfmusik gerade einsetzt, liegt der Feind plötzlich tot am Boden. Otto (der Gummi-Androide) kommentiert das Geschehene schließlich so, als habe soeben ein epischer Kampf um Leben und Tod stattgefunden. Bravo! Zugabe! Und wenn es das nicht ist, dann landet Captain Future zum Ende einer Episode auf einem fremden Planeten. Abspann. Die nächste Episode beginnt zu meiner Überraschung damit, dass der Erzähler rückblickend berichtet, wie die Future-Mannschaft von Eingeborenen gefangen wurde, und sie mit dem Häuptling über ihre Freiheit verhandeln mussten etc. Nichts von dem hatte man gesehen. Der Verantwortliche für den Schnitt war hoffentlich stolz auf den Murks, den er da verbrochen hat.

Nein, es ist nicht, dass die Serie schlecht wäre. Ich habe nur festgestellt, dass ich meine Kindheitserinnerungen besser nicht nochmal hätte auffrischen sollen. Zu groß ist die Verärgerung über die vielen Fehler und den miesen Schnitt. Captain Future hat wirklich seine netten Momente, auch wenn der Zeichenstil hin und wieder spürbar schwächelt. Tatsächlich bin ich nur froh, dass ich Captain Future endlich zu den Akten legen, und mich um eine bessere Serie kümmern kann. Ich dachte wirklich, dass mir heute noch alles gefällt, was mir bereits in meiner Kindheit oder Jugend gefiel. Aber dieses Beispiel hat mich davon überzeugt, dass es Ausnahmen gibt. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass mich schon damals andere TV-Serien mehr interessiert haben.

itcrowd1Es gibt nur wenige Pflichtfernsehserien für Menschen wie mich, die mit Begeisterung im IT-Bereich arbeiten. Eine davon ist „The IT Crowd“, habe ich mir sagen lassen. Die Serie wurde mir bereits 2008 im Original empfohlen, allerdings hatte ich damals zugegebenermaßen nur sehr wenig Ambitionen, mich in die hölzerne Welt der unterschiedlichen britischen Dialekte einzuhören. Im Jahr 2014 entschloss ich mich, der Serie zumindest in der deutschen Synchrofassung doch noch eine Chance zu geben. Originaltonnazis werden mich für diesen Satz nun auf dem Scheiterhaufen brennen sehen wollen, und auch im Freundeskreis wurde mir bereits versichert, dass ich mit dem deutschen Ton mindestens die Hälfte verpasse. Mindestens!

Diese Behauptung halte ich zwar für reichlich übertrieben, auch wenn ich ganz sicher bin, dass einige Gags in die Hose gehen müssen (daran lässt sich nichts ändern), aber zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass sogar ich einige Folgen im O-Ton gesehen habe. Überrascht stellte ich fest, dass es tatsächlich nur wenige vernuschelte Stellen gab, die ich auch nach mehrmaligem Zurückspulen und Lautstärke Erhöhen absolut nicht verstehen konnte. Klar, Untertitel hätten die Sache vereinfacht, aber wenn ich wirklich Untertitel brauche, schaue ich doch lieber gleich mit deutschem Ton. Aber das soll ja nun kein Artikel über Synchros werden, denn meine Meinung hierzu habe ich in älteren Artikeln bereits klargestellt. Hören und hören lassen.

The IT Crowd ist mit seinen 24+1 Episoden eine ungewohnt kurze Britcom über drei Mitarbeiter in der IT-Abteilung im Keller der großen Firma Reynholm Industries. Roy und Moss sind die beiden frustrierten Tastaturakrobaten, die mit ihrem unfreiwillig nerdigen Image unterschiedlich gut umgehen können. Moss ist ein leicht gynophobes Computergenie, ein talentierter Tüftler und Programmierer. Roy dagegen versucht Arbeit zu vermeiden und sucht durchaus die Nähe zu Frauen, vor allem die der hübschen Mitarbeiterinnen im 5. oder 7. Stock. Die Hauptaufgabe des Duos ist der IT-Support, also der mit Abstand undankbarste Job von allen: Tagein, tagaus müssen sie genervten Userinnen und Usern erklären, wie sie ihren abgestürzten Computer wieder in Betrieb nehmen können („Hallo, IT. Haben Sie es schon mit Ein- und Ausschalten versucht?“). Als Verbindungsglied zur „Außenwelt“ bekommen sie vom Firmenchef die neue IT-Abteilungsleiterin Jen vor die Nase gesetzt, die sich zu deren Entsetzen als kompletter DAU erweist. Jen ist eine ehrgeizige Relationship-Managerin, die die Leitung der IT-Abteilung lediglich als Karrieresprungbrett betrachtet. Spannungen sind so vorprogrammiert.

itcrowd2Weitere erwähnenswerte Personen sind der klischeehafte aber freundliche Firmenchef Mr. Reynholm, der ungefähr zur Hälfte abgelöst wird durch seinen sexuell überdrehten Sohn Douglas, der ab da die Geschicke der Firma lenkt. Im dunklen Serverraum der IT-Abteilung haust der freundliche aber notorisch unglückliche Firmen-Goth und „Cradle of Filth“-Fan Richmond, der alleine durch sein Auftreten die Stimmung aller seiner Mitmenschen auf den Boden zieht, und daher die meiste Zeit in seinem kleinen Raum bleiben muss. Mit seiner wirklich überschaubaren Menge an Charakteren ist The IT Crowd ein schöner Kontrast zu Firefly. Den größten Wiedererkennungswert für die Serie wird Moss mit seinem einzigartigen Dreiviertel-Afro haben. Da verwundert es auch nicht, dass man für einen geplanten aber verworfenen US-Ableger der Serie alle Schauspieler ausgewechselt hat – bis auf Richard Ayoade.

Wie schon bei Seinfeld Jahre zuvor, fiel es mir auch bei The IT Crowd zu Beginn nicht ganz leicht, das irrsinnig hohe IMDb-Rating nachzuvollziehen. Im Gegensatz zu The Big Bang Theory sind die Gags hier weniger eng getaktet, was an sich selbstverständlich kein Nachteil ist. Wie erwartet zündet die Serie nach ein paar Episoden schließlich doch noch, sobald man sich an den Humor gewöhnt hat. Allerdings würde es mich ich ein wenig wundern, wenn sich sehr viele Nicht-Nerds für diese Serie begeistern können, denn sie macht auf mich doch einen recht speziellen Eindruck. Gerade The Big Bang Theory zeichnet sich beispielsweise dadurch aus, dass es sehr massenverträglich geschrieben ist, um den Durchschnittszuschauer einzuwickeln.

Kitschige Reise zur Selbsterkenntnis

nachtzugnachlissabonDer alleinstehende Gymnasiallehrer Raimund Gregorius (Jeremy Irons) lebt seit Jahren in dem traurigen Bewusstsein, dass er ein langweiliger Mensch ist, bis er auf dem Weg zu einer Unterrichtsstunde eine junge Frau davor bewahrt, von einer Brücke zu springen. Bevor er mehr über sie erfahren kann, läuft sie davon. In ihrer Manteltasche findet er ein geheimnisvolles portugiesisches Buch und eine Fahrkarte nach Lissabon. Kurzerhand entschließt er sich zu einer Reise. Aus dem Buch erfährt er die tragische Geschichte des Mediziners Amadeu, der in den 1970er Jahren, zur Zeit der autoritären Diktatur in Portugal für den Widerstand arbeitete. Raimund besucht in Lissabon Pater Bartolomeu (Christopher Lee), Amadeus Schwester Adriana (Charlotte Rampling) und seinen ehemaligen besten Freund Jorge (Bruno Ganz), mit deren Hilfe er der Entstehung des äußerst seltenen Buches auf den Grund gehen will. Während er versucht, die letzten offenen Fragen in der dunklen Vergangenheit von Amadeu und seinen Freunden aufzuklären, muss er sich gleichzeitig entscheiden, wo sein Platz im Leben sein soll. Dabei will ihm die Optikerin Mariana (Martina Gedeck) helfen.

Der starkino-erprobte dänische Filmemacher Bille August führte bei der Bestsellerverfilmung „Nachtzug nach Lissabon“ von 2013 Regie. In dem Film nach dem gleichnamigen Roman von Pascal Mercier findet ein einsamer Lehrer in den geschriebenen Worten des portugiesischen Arztes Amadeu die nötige Kraft, um die Ketten seines betäubenden langweiligen Alltags, dem er sich vor langer Zeit ergeben hat, zu sprengen. Auf seiner erkenntnisreichen Reise durch das Leben des verstorbenen Verfassers hilft er bei der Aufarbeitung einer längst vergessenen Geschichte über Politik, Freundschaft, Liebe und Eifersucht, und findet dabei endlich den Weg zu sich selbst. Eine zufällige Begegnung auf einer Brücke veranlasst Raimund, die Zügel seines eigenen Schicksals selbst in die Hand zu nehmen, und wieder zu leben, statt nur gelebt zu werden.

Die schlechte Nachricht vorweg: „Nachtzug nach Lissabon“ trieft geradezu vor Kitsch, und das Motiv der Hauptfigur scheint besonders am Anfang mindestens so undurchsichtig wie unlogisch. Nicht jeden werden die tiefsinnigen Buchzitate, die gelegentlich in den Film eingestreut werden, in philosophische Ekstase versetzen, vielleicht sogar eher abschrecken. Trotz allem sollte man unbedingt einmal versuchen, durch den entsetzlich rührseligen, alles romantisierenden Schleier des Films zu blicken, denn dahinter verbirgt sich ein bewegendes Drama vor einem historischen Hintergrund.

Ohne Frage wurden Jeremy Irons, Christopher Lee und Bruno Ganz auch wegen ihrer Bekanntheit gecastet, aber womöglich schadet diese Besetzung dem Film mehr als sie nützt: Jeremy Irons ist Hauptdarsteller in einer Geschichte, in der er über weite Strecken keine direkte Rolle spielt, und Christopher Lee und Bruno Ganz haben nur wenige Szenen, die von ihrer Erfahrung profitieren könnten. So lenken die berühmten Gesichter eher von der Handlung ab, anstatt ihr den nötigen Kontrast zu verleihen.

Fazit: Mit „Nachtzug nach Lissabon“ wurde ein betont melancholischer Film über eine fiktive Begebenheit in einem historischen Kontext im politisch vielleicht problematischsten Kapitel Portugals geschaffen, über den steinigen Weg zur Selbsterkenntnis, ein Film, der sich in seiner erzwungenen, mitunter künstlichen Emotionalität und seiner konfusen Logik leider zu stark gehen lässt. Im Kern aber ist es ein bewegender, wenig alltäglicher Film, der vor allem Hobbyphilosophen und Herbstromantiker ansprechen könnte.

firefly1Der Nachteil, wenn man sich eine Serie mit nur wenigen Staffeln vornimmt: Man ist unverschämt schnell durch. Firefly ist da ein besonders schwerer Fall mit seinen 14 Episoden, die zwischen 2002 und 2003 gedreht wurden. Ich habe mir diese eine kümmerliche halbe Staffel wirklich streng rationiert, aber länger als vier Wochen haben die Vorräte leider nicht gehalten. Nun muss ich mir wieder eine neue Serie suchen, am besten eine mit zehn Staffeln, besser 20. Achtung, Spoiler voraus!

Nachdem ich Joss Whedons Buffy bis zum Ende mitverfolgt habe, hatte ich keine Zweifel daran, dass mir Firefly (deutscher Untertitel: „Der Aufbruch der Serenity“) gefallen würde. Der Kult, der im Internet um die frühzeitig abgesetzte Serie nachträglich entstand, ist ein Paradebeispiel dafür, dass Qualität ungleich Einschaltquote ist, und dass die zentralen Senderinteressen nicht etwa hochwertige Fernsehproduktionen sind, sondern allein Maximierung des Gewinns, egal womit oder wodurch. Ein Prinzip, das bei uns in Deutschland preisverdächtige TV-Perlen wie „Bauer sucht Frau“, „Die Supernanny“ und „Deutschland sucht den Superstar“ hervorgebracht hat. Millionen Fliegen können sich nicht irren.

Aber zurück zum Thema. Kern der Geschichte ist ein – in einer weit entfernten Zukunft – völlig veraltetes Raumschiff der sogenannten Firefly-Klasse (die Serenity) mit einer Schmugglerbande als Besatzung, die gemeinsam versucht mit riskanten und nicht ganz legalen Jobs über die Runden zu kommen. Die eigentliche Crew, angeführt von dem Kriegsveteranen Malcolm „Mal“ Reynolds, der taffen Soldatin Zoë, dem Piloten Wash, dem skrupellosen Söldner Jayne, und der knuffigen Schiffsmechanikerin Kaylee, wird ergänzt durch einige Dauergäste auf dem Schiff: der schüchterne Arzt Simon, seine durchgeknallte Schwester River, der geheimnisvolle Geistliche Shepherd, sowie die angesehene Companion Inara. Für eine so kurze Serie sind das tatsächlich nicht wenige Charaktere.

Dass Joss Whedon mit den einzelnen Figuren ursprünglich Großes vorhatte, lässt sich schnell erahnen. Bei der Romanze zwischen Kaylee und dem Doktor findet keiner von beiden das Gaspedal, bei der Romanze zwischen Mal und Inara bekommen sie noch nicht einmal den Zündschlüssel gedreht. Dass Shepherd vielleicht weit mehr als nur ein Shepherd ist, wird ständig angedeutet. Und dann ist da noch das entflohene Versuchskaninchen River, das von den Drehbuchautoren absichtlich als hilfloses verwirrtes Küken dargestellt wird, damit die Zuschauer im Laufe der kommenden Staffeln dann umso überraschter sind, wenn sie plötzlich zur unbesiegbaren Kampfmaschine wird. Doch es kam leider alles anders, und die Fans bekamen noch nicht einmal ein Staffelfinale. Als kleinen Trost gab es zwei Jahre später, im Jahr 2005, den Kinofilm „Serenity – Flucht in neue Welten“, der die Serie ein bisschen abschließen sollte. Neben den angesprochenen Themen klärt der Film außerdem auf, wer die blutrünstigen Reaver sind und warum sie sind wie sie sind.

firefly2Angesichts der vor allem heutzutage exotischen Genrekombination Sci-Fi mit Western ist das sehr hohe IMDb-Rating von derzeit 9,1 umso verwunderlicher, aber absolut gerechtfertigt. Firefly hatte ein solches Potenzial, und es ist wirklich schade, dass man dieses erst nach seiner Absetzung entdeckt hat. Vor allem von dem ausdrucksstarken Serienstar Nathan Fillion, den ich bereits als Bösewicht aus Buffy und aus „Two Guys and a Girl“ kenne, würde ich gerne mehr Hauptrollen sehen. Manches Mal stelle ich ihn mir fast als eine Art Captain(!) Jack Sparrow auf der Serenity vor, nur nicht ganz so exzentrisch. Könnte natürlich auch an der Synchronstimme von Johnny Depp liegen.

Da ich der Serie mit einer oberflächlichen Analyse der Handlung und seiner Symboliken ohnehin nicht gerecht werden könnte, spare ich mir an dieser Stelle den Schmerz und spreche stattdessen eine uneingeschränkte Empfehlung aus. Firefly ist kurz, verdammt kurz, aber wirklich gut. Offenbar ist Joss Whedon sogar daran interessiert, sich die Rechte an Firefly irgendwie zurückzukaufen und (möglicherweise mit Hilfe von Crowdfunding) eine Fortsetzung der Serie zu produzieren. Darauf kann ich eigentlich nur hoffen, ähnlich wie beim geplanten Spielfilm zu Veronica Mars. Und überhaupt, wenn Chris Roberts für ein vages Weltraumspiel bei Kickstarter über 34 Millionen Dollar zusammenbekommt (und daher schon gar nicht mehr weiß, was er sonst noch alles an Erweiterungen ankündigen soll) dann wird Whedon wohl eine Kultserie wie Firefly wiederauferstehen lassen können – und das wahrscheinlich noch für einen Bruchteil des Star Citizen Budgets.