Die zweifelhafte Karriere des Walter White

breakingbad1Vielleicht nicht DIE beste Serie, die ich mir je angesehen habe, aber es reicht locker für meine persönliche Top 3, würde ich sagen: Breaking Bad. Wen man auch fragt, jeder, der die Serie gesehen hat, spricht nur in den höchsten Tönen davon. Nachdem ich zuletzt mit Captain Future eine Reise in die Vergangenheit der Fernsehgeschichte gemacht habe, wollte ich wieder einen Blick in die Gegenwart wagen. Es hat sich nicht einfach nur gelohnt, es hat mich umgehauen. Es folgt ein kurzer Überblick über die Handlung und meine persönlichen Eindrücke, bei dem ich – wie immer – nur soviel über die Handlung vorwegnehme wie nötig, und so vage bleibe wie möglich. Aber die Spoilerwarnung möchte ich dennoch als ernstgemeint betrachtet wissen.

Breaking Bad ist die Geschichte über den (je nach Sichtweise) rasanten Aufstieg oder Absturz des Walter White, bzw. eigentlich mehr seinen Weg vom Regen in die Traufe, wobei Traufe vielleicht doch mehr so eine Art Sumpf ist, ein Drogensumpf vielleicht. Genau, also sein Weg vom Regen in den schlimmsten Drogensumpf, den man sich vorstellen kann. Der relativ erfolglose aber hochintelligente Chemielehrer Walter White lebt das Leben eines langweiligen, durchschnittlichen Amerikaners, mit einem kleinen Haus mit Pool, seiner schwangeren Ehefrau Skyler, seinem behinderten Sohn Walter jr. und einem Job, der irgendwie nie genug Geld einbringt, so dass er sein Gehalt mit einem Nebenjob aufstocken muss. Das wäre wohl alles noch zu ertragen gewesen, aber das Schicksal meint es nicht so gut mit ihm: Man diagnostiziert fortgeschrittenen Lungenkrebs bei ihm – inoperabel. Da hat sich das Nichtrauchen doch absolut gelohnt.

Walter hält seine Krankheit vor seiner Familie geheim, und beginnt gleichzeitig damit, sich Gedanken darüber zu machen, was nach seinem Tod aus seiner Familie wird, vor allem aus finanzieller Sicht. Als sein Schwager Hank Schrader, Agent bei der DEA (Drogenvollzugsbehörde), ihn zu einem kleinen Einsatz mitnimmt bei dem ein Drogenlabor ausgehoben werden soll, beobachtet Walter wie eine Person heimlich fliehen kann: sein ehemaliger Problemschüler Jesse Pinkman. Da er seiner Frau und seinen Kindern mit dem Waschen von Autos kaum rechtzeitig eine nennenswerte Menge Geld hinterlassen wird, beschließt er, seine Chemiekenntnisse einzusetzen, um in die Drogenherstellung einzusteigen. Er weiß was er riskiert, aber angesichts seiner äußerst schlechten Situation erscheint ihm seine Entscheidung als vertretbar. Er drängt Pinkman zu einer geschäftlichen Partnerschaft beim Kochen und Verkaufen der Designerdroge „Crystal Meth“.

breakingbad2Womöglich hat er unterschätzt, WIE schmutzig das Drogengeschäft eigentlich ist, denn sein Traum vom gemütlichen Doppelleben als der begnadete Methamphetamin-Koch „Heisenberg“ zerplatzt relativ früh, schließlich müssen da Zeugen, Konkurrenten und unkooperative ehemalige Geschäftspartner beseitigt werden, bevor man selbst beseitigt wird. Walter muss sein Leben täglich ein bisschen mehr aufs Spiel setzen, seine selbstgesetzten moralischen Grenzen immer ein bisschen weiter überschreiten, damit seine zweifelhafte Karriere nicht auffliegt. Den Schein des spießigen, ahnungslosen Familienvaters zu wahren, fällt schon bald immer schwerer, und dadurch bekommt sein Lügengebilde die ersten großen Risse. Dass sein eigener Schwager bei der DEA auch noch ohne es zu ahnen dicht auf seiner Spur ist, macht Walters Alltag zwischen Chemotherapie, Auftragskillern, Familie und Drogendealern umso verzwickter.

Breaking Bad ist extrem spannend und komplex, in der Hinsicht kann die Serie absolut etwa mit „24“ mithalten, die ich ebenfalls für außergewöhnlich halte. Wer aber allergisch gegen keifende Ehefrauen ist, wird so manche Episode nur schwer verdauen können. Nichts fand ich in der Serie so ekelhaft wie Skyler White. Kinder beschützen hier, Kinder in Gefahr da, sie will um jeden Preis die Löwenmutter spielen, scheitert aber kläglich daran. Stattdessen wirkt sie wie der letzte Hausdrache, eine herumbrüllende Geisteskranke, und noch dazu wie eine untreue, herzlose Furie. Zwischen all den schmierigen Drogenbossen und skrupellosen Killern ist Skyler die unsympathischste Figur in der Serie. Das hat sie sich wirklich verdient, und das musste mal gesagt werden.

Hauptdarsteller Bryan Cranston dürfte den Deutschen noch am ehesten als Vater aus der Serie „Malcolm Mittendrin“ bekannt sein, aber zwischen beiden Serien liegen Welten. Wer Breaking Bad bis jetzt noch nicht gesehen hat, sollte das schleunigst nachholen. Es lohnt sich. Die Charakterentwicklung ist beispiellos und auch bis ins letzte Detail glaubhaft. Soviele spannende Wendungen erlebt man selten. Cliffhanger werden sparsam eingesetzt, aber wirkungsvoll. Über das Finale verliere ich hier besser kein Wort, auch wenn man da noch das eine oder andere hätte sagen können. Als Zuschauer hat man irgendwann keine Ahnung mehr, für welche Figur man eigentlich mehr Verständnis haben sollte, und bekommt ein Lehrstück in fünf Staffeln darüber, dass, wer sich mit dem Bösen einlässt, irgendwann selbst dazugehört.

6 Gedanken zu „Die zweifelhafte Karriere des Walter White

  1. AndiBerlin

    Ich habe die Serie auch vor kurzem am Stück gesehen, und war extrem beeindruckt. Das war wirklich mit eine der besten Serien die ich bis heute gesehen habe.
    Am Anfang fiel es mir schwer Mr. Cranston nicht als Hal zu sehen, aber er spielt den Charakter White so gut, das alle anfänglichen Zweifel beseitigt wurden.
    Immer wieder gab es diese Momente, wo ich dachte, „das hat White jetzt nicht wirklich getan, oder?“. Spannend zu sehen wie der biedere Familienvater immer tiefer in den Drogensumpf gerät, und sogar gefallen daran findet an dem was er tut.
    Ich bin ja gespannt auf den Spin Off um Saul, der demnächst gedreht wird. Mein Lieblingscharakter Mike soll da auch mitmachen.

    Antworten
    1. Vince Beitragsautor

      Ich bin zwar ebenfalls sehr gespannt auf „Better Call Saul“, aber ich bin auch unsicher, ob Saul Goodman und Mike wirklich genug Unterhaltungswert für eine komplette Serie bilden. Das wäre ja nun wirklich nicht der erste Serienableger, der genau daran scheitert. Mal sehen, was dabei herauskommt.

      Mike fand ich im Übrigen auch wirklich klasse, so entspannt und routiniert wie er (meistens) war, das hatte Stil. Aber auch Jesse fand ich cool, wenn er mal gerade einen seiner hellen Momente hatte, und nicht irgendwo voll auf Droge in einer Ecke herumgefahren ist oder wegen seiner neugewonnenen Labilität durchgedreht ist. Ach was rede ich, ich mag wirklich viele Charaktere in der Serie. Bis auf Skyler und Marie – die waren mir auf wirklich unsympathische Weise unsympathisch.

      Antworten
  2. Oli

    Ich habe vorletztes Jahr meinen Sommerurlaub mit Breaking Bad verbracht :-D
    Nachdem ich angefixt war musste ich alle Folgen bis Staffel 4 durchschauen. Und dann kam die fiese Wartezeit auf Staffel 5.1 und 5.2…

    Antworten
    1. Vince Beitragsautor

      Hehe, ja genau. Wegen der fiesen Wartezeiten verbiete ich mir Serien, die noch nicht abgeschlossen sind. Das bedeutet zwar, dass ich noch SEHR lange auf Perlen wie etwa Game of Thrones warten muss, aber dafür hänge ich nicht irgendwann mit einem Cliffhanger am Staffelende in der Luft und muss dann monatelang auf die Fortsetzung der Serie warten. So wichtig ist es mir nicht, dass ich unbedingt sofort das neueste vom neuesten sehen muss.

      Antworten
        1. Vince Beitragsautor

          Ich bin da eher skeptisch was solche Dinge angeht. Bevor man riskiert, eine grandiose Serie mit einer miesen Fortsetzung an die Wand zu fahren, sollte man sich das lieber zweimal überlegen. Aber wie so oft stehen wirtschaftliche Interessen meistens über schöpferischer Integrität und Kreativität.

          Aber vielleicht wird eine etwaige sechste Staffel ja tatsächlich sogar noch viel besser als die ersten fünf. Weiß man natürlich erst, wenn man es gesehen hat.

          Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert