Ein Browser sie zu knechten, Teil 1

Da bin ich mal wieder! Nach der dritten Novemberwoche bin ich leider (wie so oft) erkrankt, und erst seit etwa Mitte Februar richtig über den Berg. Inzwischen beginne ich wieder damit, meine alte Motivation – sowohl was die Webseite, als auch die Spieleentwicklung betrifft – wieder zu reanimieren. Letzteres hat in den vergangenen Tagen ganz gut funktioniert (dazu in einem folgenden Artikel mehr). Nun wird es Zeit für einen neuen Blog-Beitrag. In der Vergangenheit habe ich so einige Browser miterlebt und die meisten davon haben mich sogar jahrelang begleitet. Angefangen hat einmal alles mit dem Internet Explorer 3 und dem Netscape Navigator. Später war ich eine viel zu lange Zeit ein echter Internet Explorer 5 und 6 Purist. So lange, bis ich mir mit dem abscheulichen Mistding einen fiesen Trojaner eingefangen habe, der sich als JPG-Datei ausgegeben hat. Der IE hat nur allzu bereitwillig das Script ausgeführt, das sich dahinter verbarg, und dann einen Buffer Overflow im Windows Media Player verursacht. Mein Rechner war mehrere Tage lang Teil eines kleinen Botnetzes. Ab diesem Zeitpunkt war der schädliche Microsoft-Browser für mich verbrannt.

Ich wechselte zu Opera, der zu jener Zeit gerade erst Freeware geworden war. Das Konzept mehrerer gleichzeitig geöffneter Browsertabs faszinierte mich, und inzwischen bin ich ein echter Tab-Poweruser (oder wahlweise auch Tab-Messie). Bookmarks sind sinnlos geworden, wenn man einfach alles immer gleichzeitig geöffnet haben kann. Opera wechselte wiederum nach Jahren seine Entwicklungsstrategie und sattelte auf Chromium um. Diesen Schritt wollte ich nicht mitgehen, zumal ich kein Google-Fan bin. Ich hielt den Wechsel für keine gute Entscheidung, schon da sie das Alleinstellungsmerkmal ihrer grandiosen Browser-Engine damit über den Haufen geworfen haben. Aber auch ich musste zugeben, dass Opera mit sehr vielen gleichzeitig geöffneten Tabs nur begrenzt umgehen konnte. Hänger, Aussetzer und Neustarts waren die Folge. Der alte Opera hatte durchaus einige Performance-Probleme.

Der Firefox wurde vor einigen Jahren der neue Browser meiner Wahl, auch auf Grund der vielen tollen Addons. Nach relativ kurzer Zeit habe ich mir das perfekte Addon-Paket zusammengestellt, das alle meine Anforderungen erfüllt, den Browser bis ins Kleinste an mein Nutzerverhalten angepasst. Es gibt eine Tab-Baumstruktur, Tabgruppen, eine Schnellvorschau der Tabs, Mausgesten zum Navigieren, einen Session-Manager, ein Downloader für Video und Audio, NoScript, Adblocker, und noch ein paar mehr. Ohne diese Addons würde mir das Arbeiten mit dem Browser heute schnell zur Qual werden, was mir immer wieder auffällt, wenn ich mal an einem fremden Rechner sitze. Das Problem mit dem Firefox war anfangs, dass der Neustart bis zu 5 Minuten dauerte, da die Initialisierung einer solchen Vielzahl an Tabs leider nicht sehr effizient funktionierte. Schließlich, nach einem größeren Update, war das dann kein Problem mehr. Endlich werden geöffnete Tabs nicht mehr bei jedem Start vorgeladen, sondern nur noch als Referenz abgelegt, und erst bei Benutzung nachgeladen.

Der neue Firefox Quantum war sofort bei vielen Addon-Entwicklern und Profis unbeliebt, da sämtliche bewährten Addons auf einen Schlag inkompatibel wurden. Alle Addons mussten angepasst werden. Viele Entwickler konnten und wollten diesen Schritt einfach nicht mehr vollziehen. Einige Addons konnten nicht auf Firefox Quantum übertragen werden, da dieser nur noch eine eingeschränkte API lieferte. Mich selbst hätte das Thema kaum gestört, wenn da eine ablehnbare Update-Meldung gewesen wäre wie „Bei einem Update auf Firefox Quantum werden 12 Ihrer Addons unbenutzbar. Wollen Sie wirklich wechseln? JA/NEIN„. Stattdessen begrüßte mich eines morgens plötzlich der Firefox Quantum, der ohne zu fragen praktisch alle meine Addons ganz dreist rausgeworfen und sich auf meinem Rechner breitgemacht hatte wie ein Hausbesetzer. Ich hatte eigentlich lange vorher beschlossen, kein Update zu machen. Dass der Nutzer in seinen Wünschen völlig übergangen wird, gehört mittlerweile ohnehin zur Mozilla-Politik. Da werden auch schonmal heimlich per Ferninstallation irgendwelche gruseligen Werbe-Addons von wichtigen Werbepartnern in den Browser eingeschleust. Bei Mozilla hat sich vor Jahren die feste Überzeugung durchgesetzt, dass man ja viel besser weiß, was der Nutzer wirklich braucht, als der Nutzer selbst. Tab-Gruppen gehörten zum Beispiel nicht dazu. Darum muss man die heutzutage auch mit Addons wieder nachrüsten. Das ist ja so viel besser und sicherer.

Firefox Quantum flog bei mir so schnell wieder runter wie er gekommen war, unter anderem auch, weil er mir keinen Ersatz für so manches Addon anbieten konnte, auf das ich nicht verzichten wollte. Ein Update auf eine schlechtere Version kommt für mich nicht in Frage. Zum Glück habe ich irgendwo im Netz einen Installer für die letzte Prä-Quantum-Version gefunden (obwohl sich Mozilla große Mühe gibt, alte Versionen sofort aus dem gesamten Internet zu tilgen!). Jedenfalls gingen dann auch alle meine lebenswichtigen Addons wieder. Aber ewig auf einer alten, potentiell unsicheren Version von Firefox sitzenzubleiben, konnte ja schließlich keine Lösung sein. Außerdem ist das Vertrauen in Mozilla angesichts vergangener Fehlentscheidungen aus meiner Sicht lädiert. Wer braucht schon Menüs? Und wie lange dauert es wohl, bis das nächste wichtige Feature rausfliegt, oder wieder alle Addons per Dekret für nichtig erklärt werden? Ein anderer Browser musste her. Nur welcher?

Fortsetzung folgt…

2 Gedanken zu „Ein Browser sie zu knechten, Teil 1

  1. Zaengi

    Ach ja, mein lieber Freund im Geiste… *seufz*
    genau so würde sich meine Leidensgeschichte darstellen lassen, nur dass ich lange weiterhin auf Opera (statt Firefox & Waterfox) gesetzt hatte, bis es eben nicht mehr ging (v.12++).
    Eine Option, JavaScript selektiv zu deaktivieren, besonders um diese lästigen Eingriffe von Webseiten, das Rechte-Maus Kontextmenü zu verbieten, suche ich bis heute vergeblich irgendwo. Weißt du Rat?
    Mit dem „Verfall“ von Opera ging ich zurück zu Microsofts IE, was mir allerdings jetzt in der Neuzeit praktisch bei jeder zweiten Website Probleme bereitete.
    So friste ich mein Dasein mit ständig DREI verschiedenen Browsern, hartnäckig um Chrome zu umschiffen.

    Vivaldi ist zwar nicht ganz der schnellste, hat aber irgendwie ein bisschen Opera-Feeling :)

    Verbindlichste Grüße an den imaginären Gefährten…vielleicht bis bald unter blassem Mondlicht… ;-)
    Zängi

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    1. Vince Beitragsautor

      Hi Zaengi,

      schön, dass dir mein Beitrag aus der Seele gesprochen hat. Zu deiner Frage nach dem selektiven Abschalten von Javascript werfe ich gerne das „YesScript“ ein. Das ist ein minimalistisches Firefox-Addon, das Javascript auf einzelnen Webseiten bei Bedarf komplett abschaltet und sich diese Einstellung auch merkt. Dadurch kann ich die größten „Javascript-Sünder“ im Netz stummschalten, und der Rest funktioniert weiterhin wie gewohnt. Bis heute fahre ich mit diesem Addon ganz gut. Es ist die wesentlich einfachere Alternative zu NoScript.

      Im Grunde gibt es im Moment weiterhin sehr viele Browser, aber wenn man genauer hinsieht, sind nur noch zwei große Lager geblieben: Die Firefox-basierten Browser, und die Chromium-basierten Browser. Es gibt im großen und ganzen nur noch diese beiden Engines, der Rest ist ausgestorben. Selbst der IE ist mittlerweile ein Chromium-Browser. Ich halte es für fahrlässig, dass man zugelassen hat, dass Google so dominant im Browser-Ökosystem wird.

      Wer weiß, vielleicht ist es schon bald eine reine Monokultur, wenn Mozilla auch noch das Handtuch wirft, und nur noch eine weitere nutzlose GUI für Chromium entwickelt. Die Folgen sind jetzt noch kaum absehbar, aber werden uns eines Tages einholen.

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