Durchgespielt: Diablo + Hellfire

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The sanctity of this place has been fouled„. Wer bei diesem einprägsamen Satz nostalgisch wird und sich mit gezücktem Schwert spontan nach Imps, Ghouls und Skelettkriegern umsehen muss, der wird diesem kleinen Retro-Artikel nicht ganz abgeneigt sein. Vor 20 Jahren veröffentlichte das für heutige Verhältnisse noch recht kleine Entwicklerstudio Blizzard North das Spiel Diablo. Blizzard hat gerade rein zufällig vor wenigen Tagen sein 25-jähriges Firmenbestehen gefeiert. Das Studio das einst für Battle Chess, Rock & Roll Racing und The Lost Vikings gefeiert wurde und natürlich große Erfolgsserien wie Warcraft, Starcraft und Diablo hervorbrachte, landete mit dem Hack’n’Slay-Spiel 1996 einen weiteren Überraschungshit, der Blizzard nicht zuletzt einen Platz auf dem Olymp der Spieleindustrie sicherte. 1997 folgte für Diablo die Erweiterung Hellfire von dem unabhängigen Entwicklerstudio Synergistic Software, die dem Spiel eine kleine Nebenkampagne verabreichte.

Wer Diablo bis heute noch nicht gespielt hat, der wird jetzt auch nicht mehr damit anfangen wollen. Es ist ein Stück PC-Spielegeschichte, kein Meilenstein der Spieletechnik, aber ein Süchtigmacher mit packendem Gameplay. Die Grafik mit ihren 640×480 Bildpunkten und 256 Farben wirkt heute antik und vor allem klein. Zu jener Zeit waren Bürorechner mit 14- oder 15-Zoll-Monitoren aber noch der Stand der Dinge, Diablo entsprechend ein bildschirmfüllender Spaß. Ich erinnere mich noch gut an die Tests in den Spielezeitschriften und an die Fernsehbeiträge in PC-Sendungen. Die Demoversion bekam ich relativ früh in die Hände, damit konnte man immerhin das erste Stockwerk unterhalb der Kathedrale von Tristram spielen. Ganze 16 Stockwerke mussten in der Vollversion durchkämmt werden, ehe man dem dunklen Lord zum finalen Showdown gegenübertrat.

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Mangels Unterstützung für Windows 7 installierte ich Diablo mitsamt der Erweiterung Hellfire in einer virtuellen Maschine unter Windows XP. Zunächst nur um VirtualBox erneut auf seine Spieletauglichkeit hin zu testen, packte mich die Atmosphäre des Spiels relativ schnell wieder. Die virtualisierte Umgebung war tatsächlich schnell genug für anspruchsvolle 2D-Spiele. Ich begann zu rätseln, ob ich Diablo je selbst vollständig durchgespielt hatte. Auf LAN-Parties zwar schon desöfteren, aber im Einzelspielermodus vielleicht noch nie. Um sicherzugehen, beschloss ich, mich des Spiels erneut (vielleicht zum letzten Mal) anzunehmen. Diablo wurde somit das erste Spiel, das ich je virtualisiert durchgespielt hatte.

In meiner grenzenlosen Einfallslosigkeit wählte ich den Krieger als Charakterklasse, so wie schon immer. Mit Magiern und Bogenschützen kann ich zugegebenermaßen nicht umgehen, daher versuche ich es erst gar nicht. Einige selbstauferlegte Regeln sollten das Spiel für mich spannender machen: Es werden keine Ausrüstungsgegenstände gekauft, sondern nur das benutzt, was man findet. Alles was ich finde und nicht brauche, wird ins Dorf gebracht und zu Geld gemacht. Da es in Diablo noch keine Truhe für den Spieler gab, wurden Geldhäufchen und ungenutzte Gegenstände schon immer im Dorfzentrum auf den Boden geworfen. Diablo hat eine wunderbar persistente Welt: Jedes einzelne tote Monster, jeder noch so unbedeutende Gegenstand bleibt in gespeicherten Spielen immer exakt an seinem Platz liegen. Das in Diablo sehr beliebte Duping war für mich tabu. Stadtportale nehmen einem viele lange Fußwege ab, vor allem wenn man wieder vollbeladen mit Gegenständen ins Dorf musste um diese bei Deckard Cain zu identifizieren.

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So räumte ich nacheinander Stockwerk für Stockwerk auf, vertickte den ganzen Müll bei Griswold und Adria, und besiegte nebenbei so sympathische Gestalten wie den Butcher, den Skelettkönig Leoric, den Erzbischof Lazarus und natürlich Diablo höchstpersönlich. Das Spiel bleibt dabei erstaunlich lange sehr einfach. Erst ab Stockwerk 9 zieht der Schwierigkeitsgrad spürbar an. Gegnergruppen versucht man dann möglichst vorsichtig auszudünnen und immer genug Lebenstränke im Gürtel zu haben. Für den Krieger sind die Fernkämpfer das größte Problem: Sie greifen feige aus der Distanz an, und sobald man näherkommt, laufen sie davon. Teilweise laufen sie dem Spieler dabei minutenlang durch das halbe Level davon. Da man nicht rennen kann, zehrt das extrem an der Geduld, bis man sie mal in eine Ecke gedrängt hat. Dummerweise werden die Fernkämpfer zum Ende des Spiels immer zahlreicher, und die Stockwerke so zeitaufwändiger und nervtötender.

Als Diablo schließlich gefallen und die Endsequenz über den Bildschirm geflimmert war, wollte ich noch die Erweiterung Hellfire spielen, und so übernahm ich wie im Handbuch beschrieben meine Spielfigur (mittlerweile Level 25) in das Addon. Dummerweise fiel mir dann erst auf, dass man in Hellfire erneut die Hauptkampagne durchspielen musste. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich mir den ersten Durchlauf glatt gespart. Da die Ausrüstung nicht übernommen werden konnte, versuchte ich mich zunächst im Faustkampf gegen die Monster im Erweiterungs-Dungeon des „Defilers“, aber auch dort machten mir die Fernkämpfer schwer zu schaffen. Genervt entschloss ich mich, die Kathedrale ein weiteres Mal auf den Kopf zu stellen, was verständlicherweise keine große Herausforderung mehr war.

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An die vier Stockwerke im Monsternest und die vier Stockwerke in der Krypta unter dem Friedhof konnte ich mich überhaupt nicht erinnern, was dafür spricht, dass ich so weit nie gekommen bin. Auch auf dem Weg zum Defiler und zum Hellfire-Endgegner Na-Krul waren die wenigen Nahkämpfer kein Problem, die unzähligen Fernkämpfer dagegen sehr. Besonders die Liches und Arch Liches wurden mir auch mit Level 28 noch extrem gefährlich. Ich versuchte mein Glück in der Not diesmal ohne Schwert, sondern mit einem Bogen, und plötzlich war das Spiel wieder spielbar. Lediglich das ständige, hektische Wechseln der Waffen war nervenaufreibend. Womöglich sollte ich manchmal etwas früher über den Tellerrand schauen.

Es ist ein wenig schade, dass Blizzard aus Gründen der Gewinnmaximierung seit 1997 am laufenden Band nur noch Ableger von Warcraft, Starcraft und Diablo produziert. Als etablierter Spieleentwickler und Publisher kann man sich offenbar keine Risiken mehr erlauben. Die erste Ausnahme nach all der Zeit stellt Overwatch dar, auf das ich auch ein wenig gespannt bin. Diesen kleinen (abschließenden) Ausflug hin zu den Wurzeln der Diablo-Serie habe ich auf jeden Fall sehr genossen, und so auch zeigen können, dass VirtualBox zumindest in manchen Fällen absolut brauchbar ist, um alte Spiele wiederzubeleben. Es war ein großer Spaß, das alte Teil nochmal auszugraben, mich stundenlang in die Welt von Tristram zu begeben, und dabei Horden von Monstern totzuklicken, ständig auf der Suche nach einer besseren Waffe oder einem besseren Helm. Mal sehen, ob ich das irgendwann mit anderen Spieleklassikern fortführe.

4 Gedanken zu „Durchgespielt: Diablo + Hellfire

  1. Gerry

    Ich hatte Diablo über die Demoversion kennen und lieben gelernt. Die Demoversion hatte ich mit Jewel-Case, Anleitung und richtiger Pappverpackung für kleines Geld (ich glaube, es waren 5,- DM) im Pro Markt erstanden, habe es begeistert durchgespielt und mir dann die Vollversion gekauft. Diese wurde dann ebenfalls durchgespielt, der Multiplayer-Modus jedoch nur mal kurz angespielt.

    Diablo II hatte ich mir dann auch sofort zugelegt. Leider erschien es zu einer Zeit, in der ich mich auf den Abschluss meines Studiums konzentrieren musste und hatte es nur mal testweise installiert.

    Obwohl mich Diablo II eigentlich immer noch reizt, habe ich mich bis heute nicht motivieren können, es mir vorzunehmen. Von Diablo III habe ich dann ganz die Finger gelassen…

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    1. Vince Beitragsautor

      Interessant. Ich glaube, das höre ich nun zum ersten Mal, dass man eine Demoversion separat käuflich erwerben konnte. Aber wenn es eine Demo wert war, dann vermutlich diese.

      Den Multiplayer-Modus des ersten Teils mochte ich rückblickend am meisten. Hier entpuppt sich ironischerweise gerade die fehlende Fähigkeit zu rennen als wichtiges entschleunigendes Element. In Diablo II und III gab üblicherweise immer derjenige Spieler aus der Gruppe die Geschwindigkeit vor, der die meiste Erfahrung bzw. die stärkste Spielfigur hatte. Die anderen folgten ihm so gut sie konnten. Das sorgte dafür, dass man als unerfahrener Spieler weniger vom Spiel sah und artete oft in stupidem Durchrennen aus. Diablo krankte daran nicht so sehr, bilde ich mir ein, weil jeder langsam war.

      Auch wenn ich dir Diablo II durchaus noch empfehlen kann, kommt mir dein Problem mit der fehlenden Motivation doch sehr bekannt vor. Ich dachte bislang, dass das eine individuelle geheime Superkraft von mir sei, ganz und gar von einem Spiel begeistert zu sein, und gleichzeitig viel zu unmotiviert, es zu spielen. Hätte man das meinem jüngeren, spielesüchtigen Teenager-Ich erzählt, er wäre vor Lachen vom Stuhl gekippt. Heute habe ich große Mühe damit, mich selbst zum Spielen zu überreden. Und noch viel größere Mühe, das Spiel bis zum Ende durchzuziehen.

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  2. Oli

    Ich muss gestehen, ich hab Diablo nie wirklich gezockt. Wenn ich mich richtig erinnere war der nötige Plattenplatz auf meiner 1GB HD damals nicht vorhanden. Und irgendwann war der Diablo-Zug dann abgefahren.
    Dafür habe ich Stunden und Tage mit Warcraft, Starcraft und Warcraft 2 verbracht. Ich finde es auch super dass Blizzard von SC endlich eine „Neuauflage“ rausgebracht hat mit zeitgemäßer Grafik. Nichtsdestotrotz wurde selbst SC1 ewig lang unterstützt, was echt lobenswert ist.

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    1. Vince Beitragsautor

      Hey Oli, tatsächlich muss ich wiederum gestehen, dass mich Warcraft und Starcraft schon immer ziemlich angeödet haben, aber das heißt natürlich nicht, dass die Spiele nicht gut sind. Mit Warcraft 2 in der Battle.net-Edition habe ich es damals immerhin ernsthaft versucht, bin mit dem Resourcenmanagement und den Missionen aber irgendwie nie klargekommen. Anstelle von Starcraft habe ich eigentlich immer viel lieber sowas wie KKND 2 und Seven Kingdoms anstatt Warcraft gespielt. Die Underdogs interessierten mich tatsächlich oft mehr als die Mainstream-Hits.

      Ja, das Haushalten mit dem doch sehr begrenzten Festplattenspeicher war schon eine Qual. Wollte man ein neues Spiel installieren, mussten bisweilen 1-2 ältere Spiele dafür dran glauben. Dass deine Festplatte zu voll für Diablo war, kann aber – gerade bei diesem Spiel – nicht der Grund gewesen sein. Diablo hat man praktisch vollständig von der CD gespielt. Installiert wurde nur eine Readme, eine ausführbare Datei und 2-3 Libraries. Zusammen sind das keine 2 MB. Die restlichen knapp 500 MB werden immer direkt von CD geladen. Das war vermutlich auch eine Art von Kopierschutz zu jener Zeit.

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