Zu den riesigen Nebenwirkungen

scrubs1Erinnert sich noch wer an „Biing!“ und „Theme Hospital“? Beides leider nicht besonders bekannte Krankenhaussimulationen, aber beide gehen das eigentlich sehr ernste Thema Krankheit bzw. Krankenhaus auf eine sehr humoristische Weise an. Während es in Bullfrogs Aufbauspiel, wie der Name schon sagt, um den Aufbau, also die räumliche Komponente ging, war Biing! eine reinrassige Wirtschaftssimulation, in der man sich hauptsächlich mit den Finanzen beschäftigte – und mit den heißen Krankenschwestern.

Aber ich wollte ja gar nicht schon wieder auf irgendwelche Spieleklassiker zu sprechen kommen. Trapper John M.D., Grey’s Anatomy, Dr. House, General Hospital, Doogie Howser M.D., St. Elsewhere, Emergency Room – die Liste der Krankenhaus- bzw. Arztserien ist heute nicht mehr allzu kurz. Auch in der von mir vor drei Jahren besprochenen Serie „Becker“ mit Ted Danson in der Hauptrolle geht es um einen verbitterten Allgemeinmediziner und seine kleine Arztpraxis. Doch wahrscheinlich in keiner dieser Serien ist die Spanne zwischen Albernheit und Ernst so groß wie in Scrubs – Die Anfänger.

Warum ich mir nun ausgerechnet jene Serie anschauen wollte, ich weiß es nicht mehr. Tatsächlich war ich eigentlich nie über die Maßen begeistert, wenn mal eine Episode auf Pro7 lief. Aber bekanntlich lässt sich leicht lästern, wenn man die einzelnen Folgen ohne Gesamtzusammenhang und ohne Charakterentwicklung nebenher anschaut. Als mir Scrubs dann schließlich zum drölften Mal empfohlen wurde, da nahm ich das Angebot einfach an. Zum einen kann ich mich hinterher wieder einer Sci-Fi-Serie widmen, da mein „Ausflug“ hiermit vorerst beendet ist, zum anderen sind Serien doch immer besser, wenn man von Anfang an dabei ist.

Scrubs umfasst neun Staffeln, von denen man die ersten acht Staffeln als die Hauptserie betrachten kann, da sie im fiktiven Sacred Heart Hospital spielen und alle Hauptfiguren permanent dabei sind. Die neunte Staffel hat viele Charaktere eingebüßt und spielt an einem Universitätskrankenhaus, das auf dem Grundstück des abgerissenen Serienkrankenhauses errichtet wurde, wenn ich das richtig verstanden habe. Zudem gibt es eine zwölf Episoden umfassende Webserie namens Scrubs: Interns, die parallel zur achten Staffel spielt.

scrubs2Die drei Hauptcharaktere sind John „J.D.“ Dorian und sein bester Freund Chris Turk, sowie Elliot Reid, die gemeinsam ihr Medizinstudium abgeschlossen haben und als Assistenzärzte in besagtem Krankenhaus ihre Medizinerkarriere beginnen. Unterstützt (oder behindert) werden sie dabei von der Krankenschwester Carla Espinosa, Chefarzt Dr. Kelso und dem soziopathischen Stationsarzt Dr. Cox. Bereits früh in der Serie zeichnen sich die viel zu offensichtlichen Charakterpairings J.D.-Elliot und Turk-Carla ab. Während letztere quasi die ganze Serie hindurch zusammen sind, entwickeln J.D. und Elliot eine ermüdende On-Off-Beziehung, die schwer nachvollziehbar ist, da J.D. sich in jeder Hinsicht als beziehungsunfähig erweist, weil er nur haben will, was er im Moment nicht haben kann.

Einen besonderen Bezug scheint Scrubs zur Sitcom „Friends“ zu haben, was mir aufgefallen ist, weil mit Matthew Perry und Courteney Cox in jeweils unterschiedlichen Episoden zwei Friends-Stars eine Gastrolle hatten. Außerdem wurde in einer Folge erklärt, dass im Krankenhaus ein Dr. Ross und eine Dr. Rachel arbeiten. Andererseits gibt es mit Courteney Cox und Jordan (der Freundin von Dr. Cox) auch einen Bezug zur Serie „Cougar Town“. Über einen Auftritt von Michael J. Fox als Dr. Kevin Casey habe ich mich sehr gefreut.

Der namenlose Hausmeister von Scrubs entzückt auf seine verschrobene und rücksichtslose Art viele Fans der Serie. Auch ich fand ihn zu Anfang ganz witzig, fand aber ebenso, dass er sich über die acht Staffeln irgendwann als Running Gag stark abnutzt. Überhaupt finde ich, dass der Humor der Serie mit der Zeit langweilig wird. Die größte Besonderheit macht meines Erachtens aber aus, wie gut die Serie die Balance zwischen albernem Witz und Dramatik bei Todesfällen hält. Tatsächlich gibt es da eine denkwürdige Episode, in der einem hoffnungslosen Patienten die Angst vor dem Tod genommen werden soll, und worin sachlich erklärt wird, wie das Sterben im Allgemeinen abläuft. Es ist beeindruckend zu sehen, wie souverän Scrubs mit so einem schwierigen Thema umgehen kann.

2 Gedanken zu „Zu den riesigen Nebenwirkungen

  1. Gerry

    Zwei weitere Krankenhaussimulationen, die ich hier erwähnen (und empfehlen) möchte, sind „Life and Death I+II“ für MS-DOS und 16 Bit-Rechner. Ganz im Sinne des später für Wii und NDS veröffentlichten „Trauma Center“ kann man hier als Arzt Operationen durchführen. Der teils überraschende Umgang des Spiels mit ärztlichen Kunstfehlern macht die Sache vielleicht etwas makaber.

    Scrubs habe ich meist am Wochenende nebenher mitverfolgt, konnte mich mit der Serie aber nie richtig anfreunden. Vielleicht liegt es daran, dass ich „Ar…….charaktere“ in Filmen/ Serien nicht cool oder witzig, sondern extrem nervig finde. Klar wird im Laufe der Serie auch gezeigt, dass beispielsweise die Figur des Dr. Cox nicht eindimensional sondern durchaus vielschichtig ist, dennoch ist mir das zu anstrengend.

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    1. Vince Beitragsautor

      Danke für die Spieleempfehlung. Habe mich direkt mal schlau gemacht. Die Bilder sehen stark nach CGA/EGA-Ära aus. Vom Hersteller Software Toolworks habe ich sehr gerne den Chessmaster 2000 auf dem ST gespielt. Ich werde am Wochenende mal die Abandonware-Webseiten meines Vertrauens ansteuern :-)

      Mir ging es ebenso, was Dr. Cox anging. Ich fand es sehr befreiend, dass – vor allem gegen Ende – auch die menschliche Seite von Perry demonstriert wurde, aber insgesamt konnte ich der Figur des ewig zeternden menschenverachtenden Egomanen wenig abgewinnen. Definitiv eine Serie, die ich mir kein zweites Mal anschauen muss. Als nächstes werde ich mich mal um „Firefly“ kümmern.

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