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Amüsantes aus der Rubrik „Achterbahn des Lebens“

Manchmal trifft einen das Leben wie ein Schlag mitten ins Gesicht. So passiert es Nathalie (Audrey Tautou), die ihren Eltern und den Schwiegereltern in spe gerade erst Hoffnung auf Enkelkinder gemacht hat. Und dann stirbt ihr Verlobter François (Pio Marmaï) nach einem schweren Unfall. Nathalie bleibt alleine mit ihrer Trauer zurück, und um der unerträglichen Einsamkeit zu entgehen, flüchtet sie sich in ihre Arbeit. Drei Jahre vergehen, in denen Nathalie es zur Teamleiterin bringt, als der humorvolle aber nur wenig attraktive Schwede Markus (François Damiens) sie plötzlich aus ihrer Zurückgezogenheit reißt. Zum ersten Mal seit drei Jahren beginnt sie sich wieder zu öffnen und in Gesellschaft wohlzufühlen. Markus, der sich bis dahin sehr um Nathalie bemüht hat, traut in seiner Unsicherheit seinem eigenen Glück nicht mehr. Außerdem ist da noch Nathalies Chef, der ebenfalls ein Auge auf sie geworfen hat.

Sich nach einer schmerzhaften Trennung neu zu verlieben ist oft eine hochkomplizierte Angelegenheit. Sich nach dem Tod des Partners, mit dem man bereits sein gesamtes künftiges Leben geplant hat, neu zu verlieben, ist noch weit mehr als das. Eine Szene des Films, in der Nathalie die Nummer ihres verstorbenen Verlobten aus dem Adressbuch ihres Handys löschen will, steht sinnbildlich für die Kernfrage: Wie kann man eine nie beendete und doch für immer abgeschlossene Beziehung „löschen“? Die Romanverfilmung „Nathalie küsst“ von David und Stéphane Foenkinos behandelt ein Thema, mit dem von vornherein eine tiefe Traurigkeit einhergeht, und zeigt dem Zuschauer die Chancen, die eine solche Situation bieten kann, wenn man die Phase des emotionalen Ausblutens während der Trauer einmal überwunden hat. Es ist ein Film, der beispielhaft demonstriert, dass Liebe auch und womöglich vor allem dann passiert, wenn man für sich selbst eigentlich damit abgeschlossen hat.

Angelpunkt der Handlung ist ein leidenschaftlicher Kuss zwischen Nathalie und Markus, für den es nicht den geringsten Anlass gibt, und an den sie sich anschließend nicht erinnert. Dem Zuschauer wird die Begegnung zur Interpretation überlassen. Der unerklärliche Kuss dient als Katalysator für die folgende Beziehung der beiden Arbeitskollegen. Die französische Schauspielerin Audrey Tautou ist in Deutschland besonders für ihre Hauptrolle in „Die fabelhafte Welt der Amélie“ bekannt, darüber hinaus allerdings nicht so präsent. In diesem Film liefert sie eine glaubwürdige, wenn auch in emotionalen Schlüsselszenen etwas ausdrucksschwache Darstellung ihrer Rolle ab. François Damiens, der den in Sachen sozialer Interaktion ein wenig unbeholfenen Schweden Markus spielt, tritt mit seinem gutherzigen aber beinahe verschrobenen Holzfällercharme dabei fast noch eine Spur deutlicher hervor.

Wie sich das für französische Filme gehört, ist der Soundtrack hier nicht einfach nur eine Begleiterscheinung der jeweiligen Stimmung in einer Szene, sondern oft ein eigenständiger Darsteller. So wie es zur Situation passt, wird ein Song eingespielt, der die Aufmerksamkeit auf sich lenkt und den Film dann nahezu wie ein Musikvideo wirken lässt. Diesen Stil liebt man oder man hasst ihn. Sehr gelungen fand ich die Titelmusik, die mich z.B. auf ihre verträumte Weise irgendwie an eine Spieldose erinnert und einen Hauch von Melancholie in mir entstehen lässt. Das ist etwas, das ich dem Film hoch anrechne, und das mich die teilweise schleppende Handlung und die mangelnde Abwechslung mit Leichtigkeit verzeihen lässt.

Über das Ende lässt sich streiten, und vermutlich werde ich mir vorwerfen lassen müssen, die abschließende Botschaft nicht verstanden zu haben, aber auf den Abspann war ich nicht so recht vorbereitet. Vielleicht kommt die Erleuchtung mit der Zeit. Da der Plot ohnehin nicht so umfangreich ist, hatte ich jedenfalls den Eindruck, dass die Geschichte nicht ganz zuende erzählt wurde.

Fazit: „Nathalie küsst“ ist außerordentlich sympathisch, hat aber leider seine Schwächen und entspricht lange keinem Ideal. Ein wenig so wie Markus in der Geschichte also. Der Film ist etwas für diejenigen, die eine traurige und gleichzeitig lustige Episode einer unkonventionellen Liebesgeschichte suchen, die einen sogar zum Nachdenken anregt, und natürlich für Genießer französischer Filme.

Nur eine mäßig spannende Nacht

Mit der untreuen und promiskuitiven Tris hat sich der Highschool-Schüler und Musiker Nick offensichtlich die falsche Freundin ausgesucht. Um die kurz zuvor gescheiterte Beziehung zu retten, erstellt er dutzende Mix-CDs für Tris, die diese aber verächtlich wegwirft. Dafür begeistert sich die zunächst verschlossene Norah umso mehr für die CDs des unbekannten Musikkenners und schwärmt heimlich für ihn. Ein Zufall bringt die beiden auf einem Konzert zusammen, und was vielversprechend beginnt, stellt sich schnell als Reinfall heraus, weil Nick und Norah erkennen, dass sie sehr verschieden sind. Auf der ereignisreichen Suche nach Norahs verschollener betrunkener Freundin Caroline und nach einem Geheimkonzert der gemeinsamen Lieblingsband „Where’s Fluffy?“ scheint es mit etwas Verspätung doch noch zu funken. Und auf einmal will Tris sich wieder mit Nick versöhnen.

„Nick und Norah – Soundtrack einer Nacht“ ist für mich ein Wunderwerk, und das meine ich nicht in erfreulicher Weise. Es ist nämlich ein Wunder, wie durchschnittlich dieser Film wirkt: Humor, Spannung, Romantik – das alles ist vorhanden, aber nichts davon richtig. Die Liebesgeschichte zwischen Nick und Norah will nicht richtig abheben, und berührt mich auch in der weiteren Entwicklung nur wenig. Die zentrale Frage, ob die Charaktere das angekündigte Konzert rechtzeitig finden (von dem sie nur wissen, dass es irgendwo in der Stadt sein soll) löste in mir auch keine nennenswerte Spannung aus. Es gelingt dem Film leider nicht, den Zuschauer auf dem Road Trip, den Nick, Norah, und ihre gemeinsamen Freunde erleben, einzusammeln und mitzunehmen.

Unglücklicherweise sah ich den auffallend ähnlichen Film „Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt“ (2010) lange vor dieser Romanverfilmung von Peter Sollett aus dem Jahr 2008, in dem ebenfalls Michael Cera die Hauptrolle, und – mal vom Namen abgesehen – so ziemlich den gleichen Charakter spielt. Alles was „Nick und Norah“ bietet, hat „Scott Pilgrim“ auch, nur in cooler, abgedrehter, witziger und sogar romantischer. Unnötige stilistische Fehlgriffe wie eine Überdosis homosexuell angehauchter Wortspiele, Witze die in der deutschen Synchronisation so überhaupt nicht funktionieren wollen, und eine der sinnlosesten Ekelszenen, die ich je gesehen habe, können dem Zuschauer mitunter recht früh den Spaß an diesem Film nehmen.

Der visuelle Aspekt hat mich ein wenig enttäuscht, weil der vom Regisseur vielleicht am meisten vernachlässigt wurde. Mir ist keine einzige besondere Kameraeinstellung oder eine sonstige bemerkenswerte Aufnahme im Gedächtnis geblieben. Für meinen Geschmack verhält sich die optische Präsentation der Handlung zu sehr pragmatisch, zu nüchtern. Musikalisch mag der Film sich vom Durchschnitt abheben, vorausgesetzt man hat ein Faible für amerikanischen Indie-Rock, der sich zwar meiner Ansicht nach äußerst gut für Highschool-Komödien eignet (weil ich mich dabei unweigerlich an Abi-Bands erinnert fühle, und die Kombination daher in diesem Kontext sehr stimmig ist), aber dem ich sonst nicht viel abgewinnen kann. Der eine oder andere mag das gänzlich anders sehen und mehr zum musikalischen Wert des Soundtracks sagen können.

Es gibt auch Positives: Michael Cera und Kat Dennings sind die einzigen bekannteren Stars im schauspielerischen Line-Up, machen als Nick und Norah aber einen guten Job. Wobei ich hoffe, dass Cera auch noch andere Rollen als den schüchternen unbeliebten Schuljungen mit musikalischer Ader spielen will. Eine unüberhörbare Message, die der Film sich außerdem mit „Scott Pilgrim“ zu teilen versucht: Schwule Freunde sind immer die besten Freunde, weil sie dir nie die Frau ausspannen. Oder so etwas in der Art. Und darüber hinaus: Geld und Ruhm machen nicht glücklich.

Fazit: Den größten Spaß werden wohl Fans des Musikgenres und der Hauptdarsteller haben. Wer eine einfache Liebesgeschichte mit jungen unerfahrenen Schauspielern ohne echte Überraschungen erwartet, kann bedenkenlos zugreifen. Auf seine Art war der Film für mich interessant und mitunter sogar spaßig und romantisch, aber präsentiert sich leider wirklich kunstlos und unmotiviert. Man hätte mit Sicherheit mehr aus der Thematik herausholen können.

The show must go on

Gerade im Begriff seinen Universitätsabschluss in Veterinärmedizin zu machen, liegt das Leben von Jacob Jankowsi (Robert Pattinson) plötzlich in Scherben. Durch eine mehr oder weniger glückliche Fügung landet der Sohn polnischer Einwanderer bei dem bekannten Wanderzirkus „Benzini Bros“. Zirkusdirektor August Rosenbluth (Christoph Waltz) gibt ihm eine Stelle als Tierarzt, dabei lernt Jacob die junge Artistin Marlena (Reese Witherspoon) kennen, die Ehefrau von August. Jacob stellt schnell fest, dass das Showgeschäft ein knallhartes Geschäft, und dass August ein gefährlicher Mann ist, dem weder Tier- noch Menschenleben etwas bedeutet, wenn er nur ein paar Dollar sparen kann. Als dieser dahinter kommt, dass Jacob und Marlena schließlich wesentlich mehr als nur Kollegen sind, muss Jacob fliehen um sein Leben zu retten. Er weiß, dass ein besseres Leben auf Marlena wartet und plant gemeinsam mit ihr durchzubrennen.

Der für Hollywood-Verhältnisse beinahe unbekannte Regisseur Francis Lawrence („Constantine“, „I Am Legend“) spielt in der Romanverfilmung „Wasser für die Elefanten“ mit dem starken Kontrast zwischen den glanzvollen Zirkusvorführungen und dem Schmutz und der Gewalt hinter den Kulissen, der Illusion einer perfekten Welt und dem zugrundeliegenden Schmerz. Die spürbare Kritik, die in den Film eingewoben ist, befasst sich damit, dass es Zeiten gab, in denen Tierquälerei eines der Fundamente des Zirkusgeschäfts bildete, und dass bei leerer Kasse auch Zirkusvolk entbehrlich war. Der Film spielt in den Vereinigten Staaten zur Zeit der Prohibition um 1930, kurz nach der Weltwirtschaftskrise von 1929, einer schwierigen Zeit für die Menschen, und begründet durch die Armut in der Bevölkerung eine glaubwürdige Grundlage für die Handlung.

Unter den Darstellern fällt zunächst Robert Pattinson auf, der in der Traumfabrik vor allem dem weiblichen Kinobesucher als handzahmer Kuschelvampir Edward aus der erfolgreichen „Twilight“-Filmreihe bekannt ist. Hier kann er durchaus demonstrieren, dass ihm auch andere Rollen liegen. Reese Witherspoon konnte mich nicht in dem Maße überzeugen, fällt aber wenigstens nicht negativ auf. Der brillierende Star ist – und es fällt mir nicht leicht, das schon wieder zuzugeben – der Österreicher Christoph Waltz, der erstmals 2009 in Hollywood dank Quentin Tarantino zeigen konnte, dass er ein erstklassiger Charakterdarsteller ist. Er glänzt in seiner Rolle als Paradeschuft, als rücksichtsloser gewalttätiger Zirkusdirektor. Wie kein anderer geht Waltz in seiner Arbeit auf. Einer Erwähnung am Rande erweist sich aus den Reihen der Darsteller zuletzt Hal Holbrook als würdig, der den alten Mann zu Beginn und am Ende des Films spielt. Sein Auftritt mag kurz, aber dafür umso nachhaltiger und emotionaler sein, als es der ganze sonstige Film ist.

Ein ganz besonderes Highlight von „Wasser für die Elefanten“ ist der wie selbstverständlich ausgezeichnete Soundtrack von James Newton Howard, der von der ersten bis zur letzten Minute unter die Haut geht. Die Musik wirkt meistens dezent im Hintergrund, aber spielt sich in den Vordergrund, sobald es darauf ankommt, und verleiht den magischen Momenten des Films ihre einzigartige Magie. Weniger gut gefallen haben mir die hektischen Szenen mit den digital eingefügten Raubtieren am Ende, nicht nur weil der Effekt verhältnismäßig billig wirkt, sondern auch weil hier (absichtlich) mit einem Übermaß an Bewegungsunschärfe gearbeitet wurde, um den Makel zu verschleiern.

Fazit: „Wasser für die Elefanten“ will meiner Meinung nach zeigen, dass nicht alles Gold ist was glänzt, und dass Glück manchmal Hand in Hand mit Elend geht, und das gelingt ihm sehr gut. Unter den Darstellern sticht zumindest Christoph Waltz eindeutig heraus, was Fans interessieren dürfte. Unempfindlich gegen Drama und Liebesgeschichten sollte man besser nicht sein, denn sonst könnte der Film seine Wirkung verfehlen. Kein Meisterwerk, aber es reicht allemal für eine echte Empfehlung meinerseits.