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deepspacenine2Ich musste gerade einmal nachsehen, wann ich Star Trek: TNG kommentiert habe. Das war Ende August im vergangenen Jahr. Für die sieben Staffeln von Star Trek: Deep Space Nine habe ich mir nun also ganze fünf Monate Zeit gelassen. Und damit wäre ich auch gleichzeitig am Ende meiner Reise durch das Universum von Gene Roddenberry. ST:VOY werde ich vorerst unkommentiert lassen, weil ich diesen Serienableger erst vor zwei Jahren gesehen habe und eine Wiederholung brauche ich erst einmal noch nicht.

Ich weiß schon, warum mir Deep Space Nine am wenigsten gefallen hat. Wenn ich so zurückblicke, kannte ich vielleicht gerade Mal 20 bis 30 Folgen der Serie, und das bedauerte ich eigentlich nicht. Die Serie gab mir zuwenig Star „TREK“, zuviel langweilige Raumstation. Es gab eindeutig zuviel Religionsgeschwurbel und zuviel uninteressanten politischen Hickhack. Es war nicht spannend genug, irgendwie zu abstrakt. Womöglich hilft es aber ein bisschen, wenn man alles in der richtigen Reihenfolge und im Zusammenhang anschaut. Nun beim kompletten Durchsehen der Serie sind mir wieder seine alten Schwächen deutlich aufgefallen – aber auch erstmals viele seiner Stärken. Mein Serienerlebnis halte ich nun in einem kurzen Kommentar fest.

Die Seriencrew steht da so auf der OPS der bajoranischen Raumstation Deep Space Nine (die übrigens noch kurz zuvor unter dem Regime der fiesen Cardassianer „Terok Nor“ hieß) und trinkt dabei Raktajino oder normalen Kaffee um sich wachzuhalten. Das erinnert mich daran, dass es mir bei vielen Folgen ähnlich ging wie den Darstellern. Die Station direkt am Wurmloch, das in den Gamma-Quadranten führt, wird geführt von den Damen und Herren Sisko, Kira, Worf, Dax, Odo, O’Brien und Bashir. Ihre Aufgabe ist es, die Station gegen die Cardassianer zu verteidigen, die Bajoraner zu beschützen, sowie Kontakt mit Bewohnern des Gamma-Quadranten aufzunehmen. Dabei geht eigentlich alles schief, was überhaupt schiefgehen kann.

Das fängt schon damit an, dass Commander Sisko von den Wurmlochwesen (die gottähnlichen „Propheten“) gegen seinen Willen zu ihrem Abgesandten erklärt wird und für die Bajoraner künftig eine religiöse Ikone darstellt. Gleich in der ersten Folge werden die „Drehkörper“ vorgestellt – spirituelle Artefakte, die irgendwas mit den Propheten zu tun haben. Die Propheten haben noch ein böses Gegenstück: Die Pah-Geister. Die Bajoraner sind zudem ein extrem gläubiges Bauernvolk. Ständig wird Sisko von irgendwelchen „Vedeks“ und „Kais“ besucht, also hochrangige geistliche Führer, die den Propheten dienen wollen. Manche von ihnen wollen aber eigentlich nur politische Macht mit Hilfe ihrer Rolle ausüben und Sisko irgendetwas aufschwatzen oder ihm in seine Entscheidungen reinreden. Die Serie hätte für mich mit ihrem ekligen Religionsblabla eigentlich kaum schlechter beginnen können. Ich bereitete mich auf endlos langweilige sieben Staffeln vor.

deepspacenine1Da ich aber natürlich kein Hater, sondern ein Trekkie bin, muss ich auch mal die vielen tollen Aspekte der Serie erwähnen. Deep Space Nine dümpelt zwar einige Staffeln vor sich hin, zwischen den üblichen Worfs-Ehre-Klingonen-Folgen, Gul-Dukat-Cardassianer-Folgen, Großer-Nagus-Ferengi-Folgen, Dax-Symbionten-Folgen, und was weiß ich noch alles. Allesamt mal mehr und mal weniger interessant. Es wird aber in der zweiten Hälfte tatsächlich deutlich besser, wenn es endlich einen ordentlichen Krieg zwischen der Föderation, den Cardassianern, dem Dominion, den Romulanern und den Klingonen gibt. Endlich geht es richtig zur Sache, so mit Weltraumschlachten und allem. Das Dominion, das ist sozusagen ein Zusammenschluss von rücksichtslosen Rassen aus dem Gamma-Quadranten, die den Alpha-Quadranten erobern und die Föderation vernichten wollen. Es besteht aus den Wechselbälgern (die „Gründer“, wie Odo), den Vorta und den Jem Hadar, wenn ich das richtig verstanden habe. Wer sich nun mit wem verbündet und gegen wen intrigiert, das werde ich nicht hier erwähnen, dafür reicht mir auch der Platz nicht.

Star Trek -Stammgast Jeffrey Combs hat in Deep Space Nine wieder mehr Rollen, als man sich das vorstellen kann. Schon in ST:ENT war er ständig dabei. Auch hier spielt er wichtige Schlüsselfiguren wie den Vorta Weyoun und den Ferengi-Liquidator Brunt. Andere Nebencharaktere wie Quark, der Betreiber des gleichnamigen Etablissements auf der Station, und der cardassianische Exil-Schneider Garak sind in den allermeisten Fällen zwar nur Dialogfutter, hin und wieder bekommen sie aber auch einzelne Episoden gewidmet, in denen sie dann tragende oder sogar zentrale Rollen spielen. Nicht zu vergessen sind da außerdem Morn, der ständig plappernde Dauergast im Quark’s, und Sial, die reizende Tochter vom bösen Gul Dukat. Auch bemerkenswert sind die Einblicke in das erfolgreiche cardassianische Rechtssystem, in dem Beweise unzulässig sind und der Beklagte seinen Hinrichtungstermin schon erhält, bevor der Prozess überhaupt begonnen hat.

Wenn man den ganzen spirituellen Scheiß aus der Serie rausdenkt, dann erhält man eine schöne Unterhaltung im Stil von Star Trek, mit all ihren Trivialepisoden (z.B. wenn die Holosuite-Figur und Berater in Liebesfragen Vic Fontaine in holographischer Gefahr ist) und echte Episoden (z.B. im unerbittlichen Kampf gegen das Dominion). Wirklich spannend wurde es, als die „Defiant“ in der Serie präsentiert wurde, also sozusagen der erste Prototyp für ein Sternenflotten-Kriegsschiff, das noch im Zuge einer befürchteten Borg-Invasion geplant wurde, nun aber großartige Dienste im Kampf gegen die kampfstarken Jem Hadar-Schiffe leistet. Toll fand ich, dass mit Worf und O’Brien zwei Figuren aus TNG hier ebenfalls Platz fanden. Im Fall von Miles O’Brien lernen wir in Deep Space Nine sogar, dass er ein richtiger Offizier ist und nicht nur Transporterraum-Bedienhansel. Auch Julian Bashir ist ein Charakter mit sehr viel Tiefgang, den ich anfangs ein bisschen in die Wesley-Crusher-Gedenkschublade einordnen wollte, ich ihn aber offenbar deutlich unterschätzt habe. Wenn es da nur nicht immer wieder diese lahmen Propheten-Episoden dazwischen gegeben hätte, wo ich mich sogar dazu zwingen musste, weiter zuzuschauen und nicht währenddessen Wäsche zu waschen, aufzuräumen oder den Müll rauszubringen.

Tja, da sitze ich nun. Nach sieben Staffeln Star Trek: The Next Generation befinde ich mich also in der mit Sorge erwarteten Situation, diese großartige Serie kommentieren zu wollen. ENT und TOS habe ich bereits kommentiert, so musste ich ja schließlich hierüber stolpern. Aber was könnte ich eigentlich schreiben, was einer der besten TV-Serien aller Zeiten auch nur ansatzweise gerecht werden würde? In den nächsten paar Absätzen versuchen wir das doch einfach mal herauszufinden.

Ich fange am besten da an, wo alles für mich angefangen hat: Anfang der 90er im ZDF, damals noch unter dem deutschen Titel „Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert“. Meine erste Assoziation mit der Serie war „die falsche Enterprise mit dem glatzköpfigen Captain“. Falsch deshalb, weil ich damals TOS mit Kirk schon kannte. Die neue Enterprise erschien mir wie ein doofe Kopie. Noch während TNG schon lange lief, wurden im Vordergrund weiterhin fleißig Kirk-Kinofilme gedreht (1989 und 1991). Das verstärkte oberflächlich den Eindruck einer richtigen und falschen Enterprise. Nur wenige Jahre später habe ich verstanden, dass TNG das Original weit übertrifft. Die Serie avanciert sich zu meiner Lieblingsserie im Star Trek-Universum. Übrigens, Tasha stirbt in der ersten Staffel. Ups, gespoilert.

Der Abschied von der Serie fiel wie immer nicht ganz leicht, vor allem weil einem die Charaktere schnell ans Herz wachsen. So macht TNG in manchen Folgen den Eindruck einer Soap im Weltraum, wenn es um die Probleme einzelner Crewmitglieder geht. Es gibt da eben diese Soap-Folgen, dann gibt es religiöse Folgen, in denen es um Bräuche und Rituale geht (z.B. bei den Klingonen), dann gibt es die politischen Folgen, in denen es um Regierungen und Spionage geht (z.B. auf Cardassia), und es gibt die wissenschaftlichen Folgen, in denen die Enterprise irgendwelchen Anomalien ausgesetzt ist (z.B. temporale Fragmente), die sich ganz unterschiedlich auswirken. Temporale Fragmente kennt man ja auch aus dem irdischen Arbeitsalltag, ganz besonders Freitagnachmittag, wenn man dann in einem solchen Fragment gefangen wird und die Zeit im Büro plötzlich auf mysteriöse Weise langsamer vergeht. Seit je her bin ich speziell Fan der Zeitreise-Episoden, oder wenn es um ungeklärte Phänomene geht, die Geordi, Data & Co. analysieren müssen. Erst wenn es richtig losgeht mit dem sogenannten Technobabble, dann fiebere ich wirklich mit. Entscheidungsgemäß finde ich die religiösen und politischen Episoden nicht ganz so spannend.

TNG thematisiert abwechselnd religiöse Themen, Gesellschaftskritik, ethische Konflikte, juristische Themen, Dinge wie Alterseuthanasie uvm. Probleme die aus einem Rassismus resultieren, aus der Todesstrafe, der obersten Direktive der Nichteinmischung in die Angelegenheiten fremder Kulturen, machen die Entscheidungen von Captain Jean-Luc Picard ganz besonders schwer. Oft stellt sich die Frage, ob man sich einmischen darf, wenn man dafür ein Volk vor der sicheren Vernichtung bewahren könnte. In Grenzfällen setzt er sich daher über die oberste Direktive hinweg und riskiert damit sehr viel. Picard ist der geniale Denker, der Philosoph und ausgeglichene Schlichter. Er versteht sich sehr gut darin, argumentativ zu überzeugen, vor allem wenn verschiedene Rechtssysteme aufeinanderprallen, oder wenn er zum Beispiel ganz nebenläufig Data erklärt, was der Tod ist. Picard lässt oft sehr viel von seiner Tiefgründigkeit durchblitzen.

Data ist das Werk von Dr. Soong, und der einzige Androide im Dienst der Sternenflotte. Er betrachtet sich selbst als Lebensform und wird auch von allen Crewmitgliedern so behandelt. Eine Doppelfolge behandelt das Thema, ob Data zum Besitz der Sternenflotte gehört, oder ob er vollwertige Menschenrechte hat. Viele Dinge im Star Trek-Universum wurden in TNG zum ersten Mal eingebracht, darunter die Borg, das Q-Kontinuum, sowie unzählige Alien-Spezies wie die Bajoraner, Cardassianer, Romulaner usw.

Einziger Wermutstropfen, wenn man es denn als einen solchen betrachtet, ist die Tatsache, dass es in TNG keine zusammenhängende Geschichte gibt, die sich über die verschiedenen Staffeln entwickelt, wobei mich das selten stört. Einzig den ersten „richtigen“ Kontakt mit den Borg, und die darauffolgende militärische Aufrüstung der Sternenflotte, mit der Doppelfolge um Picard als Locutus von Borg (was den Grundstein für „First Contact“ legt), könnte man als einen zentralen Plot betrachten. Zwischendurch mischt sich der böse Zwillingsbruder von Data namens Lore ein, und rekrutiert seine eigenen Borg-Söldner. Später geht es dann mehr um Grenzkonflikte mit den Cardassianern und sowas. Eine Folge erinnerte von der Handlung sehr stark an den Kinofilm „Der Aufstand„, wo es um das Ausspionieren unterentwickelter Zivilisationen geht.

Was passiert sonst noch so? Data mimt den Pinocchio und wäre gerne ein Mensch. Geordi hätte gerne eine Freundin. Riker muss sich fragen ob er ein eigenes Kommando übernehmen oder doch ewige Nummer Eins auf der Enterprise bleiben will. Picard und Dr. Crusher versuchen eine Nicht-Beziehung zu führen. Worf will seinen Sohn Alexander zu einem echten Klingonen erziehen, obwohl er selbst ständig aufgezogen wird, kein richtiger Krieger zu sein. Troi hat Probleme mit ihrer exzentrischen Mutter. Wesley Crusher weiß nicht was er werden will, daher wird er ein Zeitreise-Indianer. Aber es wird kaum skurriler als das.

Ich hoffe ich konnte einen möglichst verwirrenden Überblick über die Serie geben. Zusammengefasst: The Next Generation ist fantastisch in jeder Hinsicht. Die Darsteller wurden perfekt gecastet. 1994 wurde Kirk dann in „Generations“ auch im Kino durch Picard würdevoll abgelöst. Die vier TNG-Kinofilme sind die besten der ganzen Reihe, daher bedauere ich, dass „Nemesis“ das Ende darstellen sollte. Am besten finde ich, dass TNG eine gleichermaßen tiefgründige und bodenständige Serie ist, obwohl sie irgendwo im Weltraum spielt. Besser als das wird Star Trek vermutlich nie wieder werden. Ganz im Sinne von J.B.O. hätte ich vielleicht doch mal eine Karriere bei der Sternenflotte in Betracht ziehen sollen, damit ich mit Jean-Luc fliegen kann.