Not so weekly rant: SPON – Jung, dynamisch – piratenfeindlich?

Ich lese die Artikel von Spiegel Online eigentlich immer ganz gerne mal, aber nach einem Artikel dort letzte Woche zum überraschenden Ergebnis der Piratenpartei bei den Landtagswahlen in Berlin, zweifle ich an der journalistischen Kompetenz der Online-Redakteure. Ich war mir jedenfalls dabei etwas unsicher ob ich lachen oder weinen sollte. Ich spreche von dem Artikel „Berliner Piratenpartei – Jung, dynamisch – frauenfeindlich?“ von Florian Gathmann und Annelie Naumann – jung, dynamisch – piratenfeindlich?

Man muss kein Piratenwähler sein, um zu merken, dass das nichts weiter als ein erbärmlicher und verzweifelter Versuch ist, den Piraten nur irgendwie ans Bein zu pinkeln. Der Artikel ist so schlecht und hetzerisch, dass es schon peinlich ist. Herr Gathmann und Frau Naumann bezeichnen die Piraten darin als „Machoverein“ und als frauenfeindlich – und zwar weil bei den Piraten zuwenig Frauen sind. Zum schmunzeln bringt mich die Tatsache, dass ein Artikel über die angebliche Frauenfeindlichkeit der Piraten von zwei Personen verfasst wird, deren Nachnamen auf „-mann“ enden. Wer einen solch frauenfeindlichen Nachnamen hat, muss ein Frauenfeind sein.

Dabei würden die Piraten sofort den roten Teppich ausrollen, wenn dadurch die Aussicht auf mehr weibliche Mitglieder bestünde. Die Piratenpartei setzt sich eben noch zu einem großen Teil aus IT-Leuten und Naturwissenschaftlern zusammen und dort ist der Anteil Frauen bekanntlich auch nicht gerade überragend. Das liegt höchstwahrscheinlich an der Frauenfeindlichkeit der Informatiker. Kaum sind die Piraten mit gerade mal 15 Leuten ins Landesparlament eingezogen, wird eine Frauenquote gefordert. Wie wärs wenn ihr den Jungs erstmal Zeit gebt, sich selbst mit dieser Wahlüberraschung auseinanderzusetzen?

Lächerlich ist auch, dass die Autoren den Eindruck erwecken möchten, als würde es Frauen zusätzlich schwerer gemacht, sich bei den Piraten zu engagieren. Selbstverständlich sind die Männer schuld, wenn die Frauen sich nicht aktiv beteiligen. Die Piraten halten eine Unterteilung in Männer und Frauen für überholt. Der Kommentar der Autoren hierzu: „Das klingt modern – ist es aber nicht.„. Und wer hat die eigentlich zum Richter darüber ernannt, was modern ist und was nicht? Ich finde das durchaus modern. Überhaupt, wieso müssen da jetzt wieder die Feministen und Feministinnen aus ihren Löchern kriechen? Die Piraten sind noch nicht mal etabliert und Frauen sind herzlich eingeladen Mitglied zu werden und sich aktiv für Themen einzusetzen, die ihnen wichtig sind. Eine Frauenquote zu fordern, kaum da die Piraten die ersten Früchte ihrer Arbeit ernten, ist jedenfalls alles andere als modern. Das kann ich doch wohl mindestens ebensogut beurteilen wie die beiden Spiegel-Redakteure.

Ich meine, es ist eine Sache die Piraten für ihr Parteiprogramm zu kritisieren. Damit habe ich gar kein Problem, wenn die Kritik berechtigt und konstruktiv ist. Aber es ist eine andere Sache sie aus völlig hanebüchenen Gründen zu verteufeln: „Bei den Piraten gibt es zuwenig Frauen, also muss die Partei frauenfeindlich sein“. Muss das sein? Nice try, idiots.

Jeder der jetzt mit dummen Sprüchen à la „Welches Parteiprogramm?“ anfangen wollte, darf meinetwegen zur Hölle fahren. Informiert euch, es schadet nicht. Für eine so junge Partei ist das Programm schon recht umfangreich. Wer Piratenwähler flamen möchte, braucht diesen Artikel weder zu lesen noch zu kommentieren.

5 Gedanken zu „Not so weekly rant: SPON – Jung, dynamisch – piratenfeindlich?

  1. Diskutant

    Nicht umsonst wird der Spiegel schon seit Jahren auch als ehemaliges Nachrichtenmagazin bezeichnet. :D

    Wie lautet noch der schöne Spruch von Gandhi?
    „First they ignore you, then they laugh at you, then they fight you, then you win.“
    Wenn man schon von Anfang an das geschehen um die Piraten verfolgt merkt man, dass der Spruch bis jetzt absolut zutrifft. :)

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  2. Ulketulke

    Das Wahlprogramm war besser als es sich noch auf ihr Kernthema beschränkt hat, sozialistische Utopien ala freier öffentlicher Nahverkehr und Grundeinkommen für alle mit festen Wohnsitz in Deutschland bringen einen zwar zum schmunzeln liegen aber weitab der Realität einer fast bankrotten Stadt. Und die meisten anderen Forderungen, selbst die nicht Utopischen, sind kaum bezahlbar wie z.b. pro 15 Schüler einen Lehrer (fast eine Verdopplung der Lehrerzahl)

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  3. Danoobiel

    Was hast du erwartet?

    Das die CDU Werbetrommel Spiegel auf einmal positive Berichte über andere Parteien bringt?

    Ich sag euch ja schon seit Jahren das solcher Abfall Bildungsgefährdend ist.

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  4. Vince Beitragsautor

    Soviele Kommentare zu dem Thema. Würde mich allerdings belasten, wenn jetzt meinetwegen Leute anfangen zu streiten. Mir persönlich ist völlig egal ob der Spiegel mehr links oder mehr rechts, mehr CDU oder mehr SPD ist, das ist beides nicht besonders schmeichelhaft für ein „Nachrichtenmagazin“. Was mich allerdings stört, ist, dass ich bisher wirklich geglaubt hatte, dass der Spiegel überparteilich sei. Wie falsch man doch liegen kann.

    Was das Parteiprogramm angeht: Richtig, das Kernthema ist eben immernoch das beste an den Piraten, aber damit allein werden die sicher keine zusätzlichen Wähler gewinnen. Und nur weil deren Ziele finanziell nicht oder nur schwer umsetzbar sind, sind es ja nicht automatisch die falschen Ziele. Dafür kämpfen sollten sie trotzdem.

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