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Ein Gärtner gegen menschliches Unkraut in Afrika

derewigegaertner2Die Chemie stimmt auf Anhieb, als der britische Diplomat Justin Quayle (Ralph Fiennes) die Aktivistin Tessa (Rachel Weisz) kennenlernt und heiratet. Tessa begleitet ihn auf seiner Reise nach Afrika, wo sie den einheimischen Menschen an der Seite von Dr. Arnold Bluhm (Hubert Koundé) helfen will. Justin sucht Trost in seinem Hobby – der Gärtnerei – nachdem er Hinweise darauf erhält, dass „Mama Tessa“, wie seine inzwischen schwangere Frau von den Afrikanern genannt wird, eine Affäre hat. Ihr ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit führt sie auf die Spur geheimer Medikamententests mit Todesfolge an Menschen, und so schreibt sie einen Brief an den britischen Diplomaten Pellegrin (Bill Nighy). Sie plant, den Skandal um den Pharmakonzern KDH öffentlich zu machen, der ein Milliardengeschäft mit dem gefährlichen Tuberkulose-Heilmittel Dypraxa erwartet. Mehrfach ignoriert sie sämtliche Warnungen, sich besser nicht gegen die Interessen des mächtigen Konzerns zu stellen, bis sie eines Tages ermordet aufgefunden wird. Als Justin, der bis dahin keine Vorstellung von der investigativen Tätigkeit seiner Frau hatte, die mysteriösen Umstände ihres Todes aufklären will, erhält er dieselben Warnungen.

Man sollte nicht den Fehler machen, zu glauben, nur weil Pharmaunternehmen Heilmittel bzw. Medikamente erforschen und herstellen, wollten sie gleichzeitig auch Gesundheit, Seelenheil und Weltfrieden für alle, denn an Epidemien verdient dieser Industriezweig ein Vermögen. Sie sind keine wohltätigen Institutionen, sondern berechnend und in höchstem Maß profitorientiert. Das Drama „Der ewige Gärtner“ von Regisseur Fernando Meirelles aus dem Jahr 2005, nach einer Romanvorlage aus der Feder von John le Carré, macht den Zuschauer darauf nur zu deutlich aufmerksam, während es die Geschichte zweier sich liebender Menschen erzählt, die unterschiedlicher nicht sein könnten: der bürgerlich-konformistische Bürokrat Justin und die engagierte vorlaute Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin Tessa.

Der Autor geht mit seiner Kritik noch weiter: Schon in Industrienationen wiegt ein Menschenleben nicht besonders schwer, wenn demgegenüber ein gigantisches finanzielles Investment steht. In den armen Ländern Afrikas bedeutet das erst recht, schon für kleine Summen eine unliebsame Person für immer zum Schweigen bringen zu können. Korruption, Bestechung, Erpressung, das alles ist laut le Carré in solchen Kreisen an der Tagesordnung. Während Justin mit seiner Trauer um seine geliebte Ehefrau Tessa schwer zu kämpfen hat, muss er außerdem erfahren, dass das mit den Menschenrechten nicht so genau genommen wird, wenn es um viel Geld geht. Wo er zuvor nicht mit unangenehmen Dingen in Berührung kommen wollte, und sich lieber um seine Pflanzen als um die Probleme seiner Frau kümmern wollte, da reißt ihr überraschender Tod ihn aus seiner kleinen Welt. Von ihr hat er gelernt, dass jede gute Tat einen Unterschied macht. Offenbar umso mehr, je gefährlicher sie ist.

Eine wichtige Komponente für ein glaubwürdiges Filmerlebnis über einen fremden Kontinent sind einige schöne Impressionen von Städten und ländlichen Gebieten Afrikas, und musikalische Kostproben afrikanischer Kultur. Man wird nicht permanent mit Bildern erschlagen, sondern erhält genau die richtige Dosis, um in die Stimmung einzutauchen. Auf der anderen Seite hinterlassen die wenigen Szenen, die in Berlin spielen, im Gedächtnis des Zuschauers ein sehr ungemütliches und fragwürdiges Nachbild typisch deutscher Kultur: Man sieht glatzköpfige Fußballprolls rücksichtslos auf der Straße bolzen, und im Fernsehen trällern zufällig Marianne und Michael etwas von den schlimmsten Ausdünstungen deutscher Volksmusik. Meiner Meinung nach ein vermeidbarer Fehlgriff, über den man aber hinwegsehen kann.

Fazit: Schauspielerisch ist „Der ewige Gärtner“ mit Ralph Fiennes und Rachel Weisz sehr stabil besetzt, dafür schwächelt die Handlung stellenweise zum Finale hin, z.B. wenn wichtige Schlüsselfiguren rund um die Verschwörung wie am Fließband in Rekordzeit abgearbeitet werden, ohne dem Zuschauer die Zeit zu geben, die Zusammenhänge richtig nachzuvollziehen. Das beinahe Weltbild erschütternde Drama um die gefährlichen menschenverachtenden Machenschaften eines skrupellosen Pharmakonzerns, die auch noch von höchsten Stellen in der Regierung vertuscht werden, erzeugt dennoch eine dichte Atmosphäre, die durch die Romanze schön abgerundet wird. Wer seine Liebesgeschichten ungern inmitten von Verschwörungen und Auftragsmorden genießen möchte, darf aber gerne wegschalten.