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Kennt das jemand? Man hält irgendeine Person für relativ gescheit, dann liest man ein paar der Facebook-Posts ebendieser Person und plötzlich kommt man nicht mehr umhin zu denken: Was ist das nur für ein Depp? Dieses Gefühl habe ich inzwischen so oft, dass ich mich kaum noch traue, die Facebook-Timeline zu lesen. Zuviel des Grauens, zuviel der Dummheit.

Ich poste nichts bei Facebook, und ich weiß genau warum. Bei so manchem meiner Mitmenschen würde ich mir auch lieber wünschen, dass sie die Finger von der Tastatur ließen, wenn es nichts Interessantes zu berichten gibt. Aber „interessant“ ist wohl einfach Definitionssache, wie so vieles andere auch. Ich hasse Facebook eigentlich, obwohl ich selbst Teil des (a)sozialen Netzwerks bin; Gruppenzwang, Selbstausschluss und so. Aber ich habe mich lange dagegen gewehrt. Wenn auch letztendlich sinnlos, weil ich ja dann doch eingeknickt bin.

Eines können soziale Netzwerke besser als die reale Welt: Sie können dir vor Augen führen, wie doof jemand eigentlich ist. Als ich noch bei Bauer-sucht-Frau.de äh … Wer-kennt-wen.de „mitgelesen“ habe, da bin ich irgendwann über das Profil einer Mitschülerin aus der Grundschule gestolpert. Im ersten Moment ist man ja ganz neugierig und dankbar, dass man so jemanden wiederfindet. Man will dann unbedingt wissen, was die Person heute so macht. Die Dame hat inzwischen ihr zweites oder drittes Kind geworfen, lädt unbeschwert Babyfotos von ihren Bälgern hoch, und noch dazu komplette Fotoreihen, in denen man seitenweise nichts als ihre gestylten Fingernägel betrachten konnte. Wie klein muss die eigene Welt, und vor allem wie nah der eigene Horizont sein, dass man so etwas mit der Öffentlichkeit auf Facebook teilen wollen würde? Mal davon abgesehen bin ich – wie viele andere auch – der Meinung, dass Fotos von Babys und Kindern nicht in soziale Netzwerke gehören. Schon deshalb nicht, weil die sich nicht dagegen wehren können. Facebook ist kein Familienfotoalbum.

Wenn es nicht solche Begegnungen sind, dann teilen die eigenen Freunde, Bekanntschaften und Verwandten hauptsächlich alte unwitzige Bilder, die seit Jahren und Jahrzehnten durch das Internet geistern oder mal in der BILD oder sonstwo abgedruckt waren. Einmal pro Woche lese ich in meiner Facebook-Timeline solche spannenden Tricks wie das sekundenlange Starren auf das invertierte Bild von Jesus. Wenn man anschließend auf eine weiße Wand schaut, sieht man – Überraschung: Jesus auf einer weißen Wand. Uiii! Wer hätte es für möglich gehalten? Das muss ich unbedingt mit allen meinen 500 Facebook-Freunden teilen, so cool wie das ist. Jede Woche diese und ähnliche Posts von immer anderen Leuten. Und ich kann es nicht mehr sehen.

Sogar von Leuten, die studiert haben, und denen man schon allein aus diesem Grund eine gewisse Grundintelligenz zuschreiben müsste, posten derart peinliche Dinge, so dass ich immer hin- und hergerissen bin zwischen Fremdschämen, unbeeindrucktem Wegklicken und enttäuschtem Seufzen. Manchmal lache ich sogar, weil wieder mal jemand meine Erwartungen erfüllt hat.

In den Medien landen derzeit öfter die Fälle, in denen auf Facebook zur Selbstjustiz und Lynchjustiz aufgerufen wird. Das ist nichts, was nicht sowieso schon in den Köpfen der BILD-Leser (und nicht nur bei denen) wäre, aber Facebook bietet solchen Menschen eine gigantische Kommunikationsplattform, wo man sich zusammenschließen und ethisch fragwürdige Aktionen planen kann. Die „Schwanz-Ab“-Mentalität, bevorzugt in den unteren Bildungsschichten der Bevölkerung, ist eines meiner Lieblingsthemen im Internet, und auch bei einigen Mitmach-Newsportalen weit verbreitet. Bei jeder angeblichen Vergewaltigungsgeschichte tauchen sie auf und posten in Kommentaren, was sie alles mit dem (mutmaßlichen) Täter anstellen würden. Auch auf Facebook habe ich das nun schon einige Male beobachten müssen, im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis. Die beschränktesten unter den Beschränkten posaunen hier ihre ekelhaftesten Gewaltfantasien öffentlich aus, wo ich mich automatisch fragen muss, wer ist hier die größere Gefahr für die Gesellschaft? Ich jedenfalls will nicht in der Nähe von jemandem sein, der im Zweifelsfall solche blutrünstigen Gedanken mir gegenüber hat, wenn ich mal unter einer – womöglich falschen – Anklage leide.

Aber auch bei harmlosen Themen, wenn Personen einfach nur ihre eigene Dummheit auf Facebook zur Schau stellen, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wer ihre Posts eigentlich alles lesen kann, da muss ich mich manchmal echt auf meine Hände setzen, damit ich nicht versehentlich einen giftigen Kommentar daruntersetze. Manchmal kann ich mich aber leider doch nicht zurückhalten, da ist die Versuchung wirklich zu groß. Ich habe dann die Hoffnung, dass die Leute durch eine geballte Ladung Sarkasmus schnell merken, wie sehr sie sich ihr Posting hätten sparen können. Meistens allerdings werde ich im Anschluss beschimpft, wie es mir überhaupt einfiele, mich in solch persönliche Dinge einzumischen. Sogar so persönlich, dass man es auf Facebook posten musste. Ich halte den Leuten den Spiegel vor, und mache mich damit freiwillig zur Zielscheibe. Das kann ich sogar ein bisschen verstehen, aber das zeigt mir nur, dass ich mein Ziel wohl nie erreichen werde.

Facebook stinkt und verdirbt dir deine Mitmenschen. Man kann unmöglich zurück und beginnt Leute so zu sehen wie sie wirklich sind, und nicht wie sie sich in deiner Gegenwart geben. Die Leute erzählen „ihrem“ Facebook inzwischen oft mehr als ihren besten Freunden. Ich hoffe manchmal, dass Facebook irgendwann wieder untergeht, aber so weit wird es leider nicht mehr kommen. Ich will wieder, dass es wie vorher ist. Ich will nicht wissen, welche meiner Mitmenschen doof sind und nur bis zur nächsten Maniküre oder bis zum nächsten Fußballspiel denken können. Ich will nicht wissen, welche schlechten Videos und peinlichen Bilder euch gefallen. Ich will auch nicht wissen, wo ihr gerade im Stadion sitzt und wie es dort aussieht.

Irgendwann lösche ich meinen Account auf allen sozialen Netzwerken und werde freiwillig zum Einsiedler. Irgendwann schaffe ich das. Irgendwann. Bis dahin schaue ich mir freiwillig den Mist an, den meine Mitmenschen bei Facebook mit mir teilen.