Not so monthly rant: Zu naiv für Amazons doofe eBooks

Wahrscheinlich werde ich auf meine alten Tage doch noch zu naiv für die digitale Welt des aktuellen Jahrzehnts. Jedenfalls deute ich eine kleine unangenehme Begebenheit der vergangenen Woche so.

Auf Amazon hatte ich gerade ein nettes, kleines eBook entdeckt – ein Comic, bzw. „Graphic Novel“ wie man das heute in cool nennt. Das Produkt war mit dem Zusatz „Kindle Edition“ versehen, eine gedruckte Alternative gab es leider nicht. Also musste ich mich zunächst einmal schlau machen, ob ich ohne entsprechendes Markengerät mit dieser Datei überhaupt etwas anfangen könnte. Es folgte eine etwa halbstündige Recherche, welche Dateiformate Amazon in Bezug auf Kindle-Versionen seiner eBooks denn verwendete, und ob man daraus möglicherweise ein brauchbares Format wie PDF machen könnte. Man konnte! Es gab dutzende Webkonverter und Freeware-Programme, die die beschränkte Kindle-Datei umwandeln konnten. Das machte mir die Kaufentscheidung natürlich umso leichter.

Ruckzuck hatte ich das eBook via „1-Click-Buy“ gekauft. War ebenfalls mein erstes Mal. Es gab keine Auswahl der Bezahlmöglichkeit und keine Aufforderung zur Bestätigung der Bestellung. Das irritierte mich zunächst ein wenig, war ich mir doch nicht sicher, ob das mit der Bestellung nun wirklich geklappt hatte. Scheinbar hatte es, aber ich fand das doch schon ziemlich sonderbar, dass man jetzt so alleine gelassen wurde. Ich klickte dann irgendwie auf der Produktseite herum, auf der Suche nach meinem gekauften eBook. Schließlich landete ich bei einem blöden Webreader, mit dessen Hilfe ich das eBook im Browser durchblättern und lesen konnte. Tolle Wurst, das war’s eigentlich nicht, was ich wollte. Aber für den Anfang schon ganz nett.

Nachdem ich mir das Ding im Browser mal durchgesehen hatte, wollte ich dann aber doch ganz gerne mein eigenes Exemplar haben und suchte nach einer Möglichkeit, mir meine bezahlte Kindle-Datei herunterzuladen. Eine ganze Weile klickte ich herum, fand zunächst nur den Hinweis, dass ich kein „autorisiertes Gerät“ hatte, was mir aber an sich eigentlich relativ egal war, denn ich wollte mir sicher keinen Kindle anschaffen, nur weil Amazon gerne noch mehr Geld an mir verdient hätte. Dennoch beschlich mich so langsam ein ungutes Gefühl, welches sich dann mit jeder Minute mehr zu bestätigen schien. Ich fand dann doch noch eine relativ versteckte Möglichkeit, die Datei „via USB herunterzuladen“. Beinahe erwartungsgemäß wurde mir dort erneut in einem ganz frech ausgegrauten Feld erklärt, dass ich gar kein autorisiertes Gerät über USB angeschlossen hätte. Ich vermutete, dass ein USB-Stick in den Augen Amazons wohl auch kein „autorisiertes Gerät“ sein würde. Eine bitter nötige Schaltfläche „Scheißegal, bitte einfach ganz normal herunterladen“ gab es nicht. Es gab sie einfach nicht. Und sie tauchte auch Minuten später nicht auf.

Zwei Amazon-Manager rechnen sich große Umsatzsteigerungen durch DRM aus

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Weitere Recherche ergab, dass es diesen Button wohl doch irgendwann einmal gegeben haben soll, doch Amazon entschied sich offenbar, es sei viel lustiger, die Kunden mit ihrer DRM-Scheiße wegzuekeln. Ich hatte nun also ein Produkt gekauft, und Amazon weigerte sich, es mir auszuhändigen. Mir wurde es dann zu bunt, ich verlangte per Mausklick mein Geld zurück. Geld, das noch gar nicht abgebucht worden war. Witzigerweise tauchte die Rückerstattung ein paar Tage früher auf dem Kontoauszug auf als die Abbuchung. Also wenigstens klappt das mit der Rückerstattung tatsächlich genauso einfach wie die Bestellung. Ach egal, fickt euch ins Knie, Amazon! Eure doofen eBooks könnt ihr behalten.

Nun hätte ich mir meine ersehnte PDF-Datei natürlich leicht selbst basteln können, indem ich den behinderten Amazon-Webreader bei meiner exorbitanten Desktopauflösung auf Vollbildgröße aufziehe und dann mal eben kurz Bildschirmfotos aller Seiten mache. Anschließend hätte ich die Einzelbilder mit Hilfe einer Schnittvorlage automatisch ausschneiden und zusammen als PDF-Dokument abspeichern können. Als kleine Entschädigung sozusagen für die Unannehmlichkeiten durch die vergeudete Zeit und die völlig unsinnige Erfahrung. Aber wer würde schon so unehrlich sein wollen, wenn man doch eigentlich nur zum Kauf von etwas verleitet wurde, das man dann am Ende gar nicht anfassen, sondern nur durch eine umständlich gesicherte Glasvitrine bewundern darf? Hoch lebe das verschissene, digitale Rechtemanagement!

6 Gedanken zu „Not so monthly rant: Zu naiv für Amazons doofe eBooks

  1. Oli

    Falls Du irgendwann doch nochmal ein Kindle-Buch kaufen solltest: es gibt eine Kindle-Reader „App“ von Amazon für Windows, OS X, iOS etc.
    Mit der kann man alle gekauften Bücher herunterladen und lokal speichern. Ich nehme an dass Du die lokalen Dateien dann mit Deinen Tools auch in PDF hättest konvertieren können.
    Hab ich aber selbst noch nicht versucht.

    Viele Grüße
    Oli

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    1. Vince Beitragsautor

      Danke für den Hinweis. Ich habe mir schon gedacht, dass es über Umwege sicher möglich sein wird.
      Der Punkt ist, ich will keine Umwege gehen müssen, will mir keine Programme installieren müssen, die ich sowieso nicht nutzen werde. Ich bin zu alt um mich von Amazon zu solchen Schikanen überreden zu lassen. Ich wollte die Datei einfach ganz normal herunterladen.
      Witzigerweise klappt das bei MP3s einwandfrei: Amazon bietet mir dann eine ZIP-Datei mit den gekauften MP3s an. Wär ja noch schöner, wenn ich bald für jedes einzelne Dateiformat einen speziellen Downloader installieren müsste, nur damit ich an meine Dateien komme.

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      1. Gerry

        Amazon bietet mir dann eine ZIP-Datei mit den gekauften MP3s an.

        Danke für den Hinweis :-).

        Mein letzter MP3-Download bei Amazon ist schon ein Weilchen her. Damals (TM) konnte man nur einzelne MP3-Dateien per Downloadlink herunterladen. Hatte man sich ein ganzes Album als Download gekauft, verlangte Amazon vom Kunden die Installation eines Downloaders, um die MP3-Dateien am Stück herunterladen zu können.

        Ich habe das nicht eingesehen und habe mir dann die Tracks einzeln gekauft, um diese dann auch ohne Downloader einzeln herunterladen zu können – bei einem Album mit > 10 Tracks ist das dann etwas mühsam.

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        1. Vince Beitragsautor

          Ja, ich erinnere mich, dass ich früher auch diesen blöden MP3-Downloader von Amazon benötigt habe, und mir hat das genauso gestunken. Umso besser, dass sie jetzt wenigstens teilweise einlenken.

          Dann wiederum gibt es wieder so unerfreuliche Fälle wie diesen mit den eBooks, wo ich dann auch bei einem noch so niedrigen Preis nicht bereit bin, DRM-Maßnahmen irgendwie zu honorieren. Was das betrifft, bin ich inzwischen einfach zu trotzig.

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    2. Daniel

      Und immer gleich drehen sich die Kreise weiter. Wer einmal auf sowas reingefallen ist, wird sich in Zukunft davor hüten; die Dinger wollen sich nicht mehr richtig verkaufen; also die Schlussfolgerung der Sesselfurzer: da sind bestimmt die bösen Raubkopierer dran schuld! Wir müssen einen härteren DRM einbauen!

      So wie es aus der Software- und Spieleszene ja schon bekannt ist. Den Höhepunkt haben wir dort wohl erst vor kurzem erreicht – Spiele, die derart „gesichert“ sind, dass sie kaum ein ehrlicher Käufer noch zuverlässig spielen kann. Zwei, drei Jahre nach Release, wenn die Neukäufe abtauchen, erst recht nicht mehr. Ausser die eigentlichen Schwarzkopierer natürlich, die für ihre Weigerung, Geld für das Produkt zu bezahlen, auch noch mit der enzigen wirklich sicheren, stabilen und sauberen (da DRM-freien) Version belohnt werden. Man möchte sich manchmal nur noch an die Stirn fassen.

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      1. Vince Beitragsautor

        Das Thema ist wirklich zum heulen. Mir ist aufgefallen, wie das Thema Kopierschutz durch die teuersten Titel wie GTA5 längst auf die Spitze getrieben wird: Online-Aktivierung und Accountbindung an Steam und/oder Rockstar Social Club, Always-Online, Zwangsinstallation von gefährlichen Kopierschutztreibern für Securom/Denuvo, usw.

        Den Schwarzkopierern wird immer Fahrlässigkeit vorgeworfen, da sie nicht wüssten, was sie sich da alles „auf den Rechner holen“. Ich behaupte, das gleiche gilt heute gerade für die ehrlichen Käufer, die immer mehr Unkraut installieren müssen, damit ihr Spiel startet.

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