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Nicht das A und O, sondern das O und irgendein A

asterixobelixmajestaetWas macht man als großer römischer Feldherr, wenn man bereits ganz Gallien erobert hat und nun nicht mehr weiß wohin mit den vielen Legionen? Julius Cäsar jedenfalls entsendet sie direkt an die englische Küste, jenseits des Ärmelkanals, um dort seinen Feldzug fortzusetzen. Bekanntermaßen gibt es da aber noch ein einziges gallisches Dorf voller unbeugsamer Gallier, das den Römern permanent Widerstand leistet. Genau dorthin schickt Ihre wenig amüsierte Majestät, die Königin von England, den unerschrockenen britischen Gentleman Teefax (Guillaume Gallienne), um Hilfe gegen die Römer zu erbitten. Die beiden Vorzeigehelden Asterix (Édouard Baer) und Obelix (Gérard Depardieu) nehmen sich der Angelegenheit an und wollen bei der Gelegenheit den jungen rebellischen Grautvornix (Vincent Lacoste) zum Mann erziehen. Ein Fass voll Zaubertrank soll die Lösung für das Problem der Briten sein, doch das heimliche Vorbeischleusen des Fasses an den römischen Soldaten erweist sich als zu schwierig, und so verlieren Asterix, Obelix und Teefix die kostbare Fracht leider aus den Augen. Sie ahnen außerdem nichts von den finsteren und furchtlosen Normannen, die der Belagerung beiwohnen wollen um hinter das Geheimnis der Angst zu kommen. In der Not bietet Asterix an, aus einer speziellen Kräutermischung neuen Zaubertrank zusammenzubrauen.

Man wird wohl lange suchen müssen, um jemanden in unseren Breiten zu finden, der noch keinen einzigen aus der Vielzahl der Asterix-Bände gelesen und keine der Zeichentrick- und Realverfilmungen gesehen hat. Oder aber es handelt sich um einen Verächter der frankobelgischen Comicwelt. Die Erfinder Goscinny und Uderzo haben sich und ihrem Land mit den Abenteuern von Asterix und Obelix ein kleines Denkmal geschaffen. „Asterix & Obelix – Im Auftrag Ihrer Majestät“ aus dem Jahr 2012 ist der vierte Teil der Filmreihe und der erste Asterix-Film von Regisseur Laurent Tirard. Er orientiert sich nah an der Comic-Vorlage bzw. am Zeichentrickfilm „Asterix bei den Briten“, zusätzlich enthält der Film Kernelemente aus „Asterix und die Normannen“. Vielleicht befürchtete man, ein einzelner Asterix-Band liefere nicht mehr genügend Witz und Inhalt für einen modernen Kinofilm.

Thematisch greift der Film sogar die eine oder andere gesellschaftlich sensiblere Angelegenheit auf und spricht so auch die vermeintliche homosexuelle Beziehung zwischen Asterix und Obelix an, die ja zusammen unter einem Dach leben. Und selbst nachdem dieses Missverständnis (mehr oder weniger) deutlich beseitigt ist, wird gnadenlos darauf Bezug genommen, dass sowohl Asterix als auch Obelix ewige Junggesellen sind, die in Sachen Liebe bisher weitestgehend versagten. Selten war Asterix selbstkritischer und nachdenklicher als hier. Darüber hinaus beschränken sich die Schwierigkeiten im Plot meist auf die im Film etwas überspitzt dargestellte kulturelle Kluft zwischen den stereotypischen Understatement-Inselbewohnern und den „ordinären“ Kontinentaleuropäern.

Unabhängig davon, was man unter den in Frankreich gegebenen steuerpolitischen Umständen von Darsteller Gérard Depardieu halten mag, so hat er doch schon von Beginn der Realverfilmungen an sehr gut in das Kostüm des grobschlächtigen aber liebenswerten Obelix gepasst. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass der Depardieu’sche Obelix der prominente komödiantische Klebstoff ist, der die Filmserie wirklich zusammenhält. Ihm gegenüber steht der mittlerweile dritte Asterix-Darsteller und der vierte Cäsar, woran wahrscheinlich sogar Fans der Filme schwer zu kauen haben dürften. Als einziger verbliebener Stammdarsteller von internationaler Bedeutung schafft es Depardieu kaum, die Qualität des Films zu halten, geschweige denn zu heben, zumal die jüngste Interpretation des Asterix nicht einmal im Ansatz wie ein überzeugender Asterix wirkt. Die Figur des Cäsar ist sogar so schlecht gecastet und dargestellt, dass ich ihn im Film vielleicht nicht erkannt hätte. Die übrigen Filmcharaktere haben einen eher geringen Wiedererkennungswert und sind meistens auch nur kurz zu sehen, so zum Beispiel Majestix und Gutemine.

„Im Auftrag Ihrer Majestät“ bedient sich der für die Asterix-Realverfilmungen typischen Anachronismen, pseudo-lateinischen Wortspiele und jeder Menge parodistischer Anspielungen auf berühmte Filme und die moderne Popkultur. Der Humor bewegt sich dabei exakt auf derselben Ebene wie der der Vorgängerfilme, unterscheidet sich in dieser Hinsicht also weder positiv noch negativ davon. Der übertriebene britische Akzent, über den man anfangs noch schmunzelt, geht einem in den zum Teil recht langen Dialogen schnell auf die Nerven. Ein bisschen „Generation Facebook“ bringt der jugendlich-naive Grautvornix mit, der damit zwar am wenigsten in den Film hinein-, aber diesem überraschenderweise die meisten guten Gags verpasst.

Fazit: Das französische Qualitätskino hat doch um einiges mehr zu bieten als das, und wer schon immer der Meinung war, dass die Realfilme eine Schmähung des Kunstwerks Asterix sind, den wird dieser vierte lauwarme Aufguss wohl am allerwenigsten vom Gegenteil überzeugen können. Allerdings sollte man den Film als das bewerten, was er eigentlich ist: Ein kurzweiliger, stellenweise etwas alberner Spaß für Familien mit Kindern, die nicht so sehr auf die filmische Qualität bedacht sind. Doch sollten die Kinder nicht mehr allzu jung sein, denn sonst stören sie sich vielleicht an den vielen unwitzigen (un-)romantischen Szenen.