Hardware

Die Festplatte – Unendliche Weiten

Noch vor wenigen Jahren habe ich jedem gegenüber meine tiefste Verachtung zum Ausdruck gebracht, der mich zum Thema Festplattengrößen fragte, „wer denn soviel Platz bräuchte“. Jeder, der durch solche und ähnliche Pauschaläußerungen seine gnadenlose Beschränktheit offenbarte, ist mir meine teure Zeit und Hirnkapazität eigentlich nicht wert, erst recht keine selbsternannten IT-„Experten“, die sich dann dummerweise durch solche Sprüche entlarven. Inzwischen würde ich die Thematik vielleicht sogar schon etwas lockerer sehen, denn man ist heute in der wahnsinnig komfortablen Situation, dass man nicht nur exorbitant große Festplatten für wirklich wenig Geld bekommt, sondern auch, dass die bislang – gemessen am Preis pro Gigabyte – unbezahlbaren SSD-Festplatten längst in angenehmere Preisregionen gefallen sind.

Im Grunde genommen bin ich nun zum ersten Mal seit Beginn meiner Nutzung diverser Computer in den späten 80er Jahren nicht mehr ständig auf der Suche nach mehr Speicherplatz. Tatsächlich fällt es jetzt sogar mir als Datenhamster und -messie wirklich schwer, den verfügbaren Speicherplatz zu füllen. Wo ich früher im Prinzip täglich jede Menge Datenkrempel auf große Stapel voller CD-Rohlinge auslagern musste, da die Festplatten immer bis zum Anschlag voll waren, habe ich heute soviel Platz, dass ich mir überhaupt keine Sorgen machen muss. Ich habe sogar derart viel Platz, dass ich mir terabyteweise Redundanz leisten kann – vor 15 Jahren mit dem knappen Taschengeld eines Teenagers undenkbar, und auch vor zehn Jahren mit BAföG kaum machbar. Schlimmer noch, musste ich schon damals im Jahresabstand neue Festplatten hinzukaufen, um nicht Gefahr zu laufen, kostbare Daten löschen zu müssen: 1997 noch mit mickrigen 2,1 Gigabyte, 2005 dann mit gefühlten endlosen 500 GB. Beide waren in ungefähr der gleichen Zeit gefüllt. Das Speicherplatz-Wettrüsten war erstmals mit dem Kauf einer 6 TB-Festplatte Ende 2014 beendet, seitdem kann ich mich entspannt zurücklehnen.

Jahrelang tat sich nichts im Bereich Festplattenkapazitäten. Längst hatte ich Angst, dass bei den 4 TB-Modellen eine unüberwindbare physikalische Grenze erreicht war, quasi das Ende der Fahnenstange. Gleichzeitig änderte sich aber eine ganze Menge bei den immer populärer werdenden SSDs, und daher wollten diesen Umstand die Techniklaien dieser Welt als das (warum auch immer) herbeigesehnte Ende der herkömmlichen Festplatten verstehen. Schaut man sich heute mal bei den üblichen Hardware-Versandhändlern um, so findet man endlich 8 TB-Festplatten für nur noch 250 Euro. Die Technik für 10 TB und sogar 20 TB liegt bereits in den Schubladen der Festplattenhersteller. Solche Festplatten werden bewusst teilweise mit dem Namenszusatz „ARCHIVE“ versehen, da solche Massenspeicher sich in Sachen Zugriffszeiten, sowie Datenübertragungsraten mit den SSDs sowieso nicht messen können. Aber sie haben den gigantischen Vorteil ihrer Kapazität, und den kann noch keine SSD ersetzen. Vielleicht noch eine ganze Weile nicht. Die größten Consumer-SSDs mit 2 TB sind zwar schon im Handel erhältlich, jedoch für knapp 1000 Euro in keinster Weise vergleichbar, meiner Ansicht nach auch dann nicht, wenn man versucht, mit der höheren Geschwindigkeit zu argumentieren.

Aber eines beweist mir die aktuelle Situation dann doch: Noch vor wenigen Monaten las ich in einem Technikforum die Behauptung, dass es technisch nicht möglich sein dürfte, in den kommenden Jahren SSDs mit Kapazitäten jenseits der Terabytegrenze zu bauen, da hierfür extreme Strukturverkleinerungen nötig wären. Inzwischen zweifle ich doch sehr stark an dieser Aussage. Es würde mich schon nicht mehr wundern, wenn die Consumer-SSDs in einigen Jahren mit den magnetischen Festplatten gleichziehen würden. Aber bis es soweit ist, werde ich die verblödeten SSD-Nazis auch weiterhin in die Schranken weisen. Storage ist vielen Menschen bei Festplatten eben deutlich wichtiger als reine Geschwindigkeit.

9 Gedanken zu „Die Festplatte – Unendliche Weiten

  1. Diskutant

    Also ich sehen mir auch das Ende der „herkömmlichen“ Festplatten herbei. Aber eben dadurch, dass SSDs günstiger werden als Festplatten pro GB. Dazu muss aber wie du ja schon sagst noch viel passieren.

    Mir ist erst vor einer Woche mein Raid0 mit 2×1,5TB kaputt gegangen. Die Platten starten nicht mehr richtig. Ich will da aber gar nicht groß rumtesten bis ich neue Festplatten habe. Bin ich aber noch nicht zu gekommen mich umzuschauen wie die Preise aktuell sind. Aber ich hoffe mal ich kann die Daten noch irgendwie retten. Zufälligerweise habe ich vor ein paar Wochen schon die wichtigsten Daten davon auf ne neuere Platte geschoben, aber für den Rest hatte ich keinen Platz mehr.

    SSDs haben neben der Geschwindigkeit auch noch den Vorteil dass sie ruhig sind. Du glaubst gar nicht wie sehr mich die Festplatten Geräusche mittlerweile nerven. Aber solange die Festplatten günstiger sind, muss ich noch damit leben. :/

    Ich kenne mich in dem Bereich leider zu wenig aus, aber ich dachte eigentlich, dass es mit SSDs viel einfacher möglich ist die Kapazität hochzuschrauben als bei HDDs. Wenn ich mir so angucke mit wieviel Speicherplatz man schon die winzigen MicroSD Karten bekommt muss doch eine SSD viel viel mehr Platz als derzeitige Festplatten bieten können. Hast du da mehr Infos warum und wieso das bei SSDs schwieriger ist als bei MicroSD Karten?

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  2. Ulketulke

    Oh je, MicroSDs sind so ziemlich der billigste Flashspeicher den man bekommen kann, die Datenraten von den meisten MicroSDs sind um den Faktor 10 schlechter als die von modernen herkömmlichen Festplatten.
    Es gibt zwar auch modernere MicroSD-Varianten die wenigstens halbwegs in den Bereich einer Festplatte kommen, die sind aber teuer und Geschwindigkeit ist gar nicht das Optimierungsziel von MicroSDs sondern Baugröße.
    Sie halt klein, damit sie vorzugsweise in Handies/Kameras usw passen. Im PC kommts aber bei den SSDs eher auf die Geschwindigkeit an als auf ne (super) kleine Baugröße.

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  3. Vince Beitragsautor

    Ein Glück, dass sich hier wirklich noch jemand mit Detailwissen meldet, der nicht nur allgemein daherlabert wie ich. Ich hatte schon befürchtet, ich müsste jetzt doch noch SSD-Technik nachrecherchieren.

    Tatsächlich scheint eine SSD natürlich weit mehr als nur eine bloße Ansammlung von (NAND)-Flash-Speicherzellen zu sein, die man im Gehäuse auch nicht etwa beliebig stapeln kann. Vieles hängt vom Controller ab, von der internen Anbindung (Anzahl Kanäle z.B.), und von der Kühlung der Zellen. Da trifft man scheinbar relativ schnell auf Grenzen, die man nur schwer überwinden kann. Außerdem bedeuten mehr Speicherzellen grundsätzlich erstmal auch mehr Geld. Bei magnetischen Festplatten gibt es diesen Effekt kaum noch, denn die Anzahl Platter in einem 3,5″-Gehäuse lässt sich praktisch nicht mehr erhöhen. Höhere Kapazitäten werden fast nur noch über eine Erhöhung der Datendichte auf Grund neuer Schreibtechniken und besserer Lagerung der Schreib-/Leseköpfe erreicht.

    Also ich sehen mir auch das Ende der “herkömmlichen” Festplatten herbei.

    Das ist der Punkt, den ich bei diesen Leuten nicht verstehe: Was hast du davon, dir das Ende von etwas herbeizusehnen, das dir niemand aufzwingt? Sehnst du dir das Ende von 2D-Spielen herbei, nur weil es „jetzt“ 3D-Spiele gibt? Du kannst problemlos SSDs kaufen und müsstest nie wieder eine gewöhnliche Festplatte anrühren, wenn sie dich so stören. Kannst du dir gar nicht vorstellen, dass es vielleicht weiterhin Bedarf an beidem geben könnte? Die Festplattenhersteller sagen, dass wir bis 2030 möglicherweise Festplatten mit 100 TB haben werden. Ich bin sehr gespannt, ob die SSDs mit diesem Wachstum mithalten können.

    Ich lasse mich da gerne positiv überraschen.

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    1. Greg

      „und von der Kühlung der Zellen“

      Ich hatte zuvor nie daran gedacht, dass das bei SSDs überhaupt ein Thema sein könnte, wurde aber kürzlich eines Besseren belehrt: Habe so eine kleine externe Samsung SSD mit 1 TB. Wenn man da mal eben > 50 GB draufschaufelt, kann man auf dem Gehäuse fast Eier braten… hätte ich nie erwartet. (Habe das Ding kürzlich beim Amazon „Preisfehler-Day“ für gut 100 statt 440 Euro abgestaubt :) )

      Gruß von Greg, der sich kürzlich auch die erste 8 TB Archive HDD gekauft hat. Günstiger Speicher macht einfach Spaß!

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  4. Diskutant

    Also das Micro SD, bzw. SD Karten allgemein langsamer sind als SSDs und auch als Festplatten war mir schon klar. Sind halt auf die größe optimiert wie du schon sagst Ulketulke. Aber prinzipiell ist es die selbe Technik oder? Von daher gehe ich als Laie in dem Bereich davon aus, dass es prinzipiell möglich ist SSD in 2,5″ oder kleiner auf 10TB und mehr zu bekommen, bei einem bezahlbaren Preis. Ist dann nur eine Frage der Zeit bis die Technik so weit ist.

    @Vince
    Warum ich mir das ende der HDDs herbei sehne habe ich eigentlich in dem nächsten Satz erklärt: Aber eben dadurch, dass SSDs günstiger werden als Festplatten pro GB.

    Mir geht es nicht darum dass HDDs aussterben sollen, sondern dass sich die Technik weiter entwickelt, und wir SSDs bekommen die mehr fassen als HDDs, und dabei auch noch schneller und leiser sind. Das wäre einfach das optimum, dann würde man keine HDDs mehr benötigen, dadurch würden sie aussterben. Also wenn ich sage ich sehne mir das ende der HDDs herbei geht es mir um bessere SSDs, und das ende der HDD ist nur eine Konsequenz dessen.

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  5. Ulketulke

    Klar kommst du da irgendwann hin, nur die Frage lautet wann und mit welchem Aufand und mit welchem Preis. Aktuelle Technik ist irgendwas um 25nm für die Nandgatter von SSDs, damit kommen Highend Modell ja schon auf 0,5TB (~900€). 25nm heißt aber auch dass da nichtmehr viel Platz ist. Die meisten Atome haben einen Atomradius von 0,1-0,2 nm, kannst dir also in etwa vorstellen dass da Leiterbahnen nur noch 100Atome breit sind. Außerdem brauchen die Leiterbahnen einen Mindestabstand zueinander weil sonst Elktronen von einer Bahn in der andere tunneln können, um nur einen der bekanntesten Effekte aus dem quantenmechanischen Zirkus zu nennen der da abgeht.
    Nochmal um den Faktor 10 kleiner geht da nur unter den größten Schwierigkeiten.
    Lange Rede kurzer Sinn: je kleiner man wird, desto schneller steigt der Aufwand den man betreiben muss um noch kleiner zu werden.
    Irgendwann stößt da dann halt die Technik an Grenzen und man muss auf ne andere Technik wechseln was aber im Normalfall Jahrzehnte an Grundlagenforschung bedeutet. Stichwort Quantencomputing, da wird schon ewig dranrumgeforscht und es wird vermutlich noch mindestens 1-2 Jahrzehnte dauern.
    Anderes Beispiel sind Prozessoren, früher war mal alleine die Taktfrequenz das Maß aller Dinge in den Pentium 1-4 Zeiten. Seit 10 Jahren steigen aber hauptsächlich nur noch die Anzahl der Kerne und die Architektur wird verbessert.

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    1. Vince Beitragsautor

      Ja, irgendjemand in den Kommentaren hat mal ganz grob überschlagen, dass das Ding etwa 9000 Euro kosten sollte. Und ich bin sicher, Samsung würde auch eine 3,5″-SSD mit 64 TB bauen können. Aber niemand will eine SSD kaufen, die soviel kostet wie ein Mittelklassewagen.

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