Durchgespielt: Bioshock Infinite

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Ein frohes neues Jahr (nachträglich) auch meinen Lesern. Mein neuer Rechner läuft einwandfrei. Schon wie sechs Jahre zuvor wollte ich die teure Hardware ausgiebig auf ihre Leistungsfähigkeit hin testen, und womit ginge so etwas besser als mit halbwegs aktuellen Spielen? Halbwegs aktuell deshalb, da moderne Spiele zum Release für selten unter 60 Euro über den Tisch gehen, aber sobald man ihnen nur mal eineinhalb bis zwei Jahre Zeit gibt, bei den üblichen Distributionsplattformen gerne mal für nen Fünfer verschleudert werden. Und so kam es, dass ich kurz vor Weihnachten mit Bioshock Infinite anfing. Jenes Spiel, das 2013 unter anderem wegen seiner Grafikpracht und seiner Story vielfach gelobt wurde, sollte mich durch meine kurze Urlaubszeit begleiten.

Bioshock Infinite bewegte sich tatsächlich angenehm flüssig und hübsch auf meinen 27″-Monitor bei mächtigen 2560×1440 Pixeln. Zum Durchspielen habe ich mir sogar knapp zwei Wochen Zeit gelassen, weil ich nicht mehr das Bedürfnis habe (wie noch bei Crysis 2), mehrere ganztägige-Spielesessions hintereinander einzulegen. Mehr als drei Stunden am Stück brachte ich nicht über mich, und sei das Spiel auch noch so spannend. In ungefähr zwölf Stunden kommt man wohl durch die Handlung, wenn man sich beeilt. Ich habe 23 Stunden gebraucht, weil ich die krankhafte Angewohnheit habe, mir wirklich jeden Winkel der Karte ansehen zu wollen. So hat man im Endeffekt auch viel mehr vom Spiel. Achja, es lohnt sich.

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Bioshock Infinite spielt im Jahr 1912 in der fiktiven fliegenden Stadt Columbia, die von dem streng religiösen Diktator Zachary Hale Comstock regiert wird. Der Spieler schlüpft in die Rolle von Booker DeWitt, einem ehemaligen Privatermittler, der den Auftrag bekommt, in der eigenartigen aber beeindruckenden Stadt eine junge Frau namens Elizabeth zu finden und zu befreien. Comstock inszeniert sich in seiner frommen Steampunk-Gemeinde als Heiliger und als Prophet, und als solcher sah er die Ankunft von Booker DeWitt längst voraus. Dass es in Comstocks baptistischem Paradies kräftig brodelt, stellt der Spieler erst fest, als er es plötzlich mit Themen wie Rassentrennung und Begriffen wie Rassenreinheit zu tun bekommt. Schnell kommt er daher in Kontakt mit der Widerstandsbewegung „Vox Populi“.

Der eigentliche Star des Spiels ist Elizabeth. Sie verhält sich ähnlich wie Ellie aus dem preisgekrönten Konsolenspiel „The Last Of Us“, duckt sich im Kampf weg, und unterstützt den Spieler mit Waffen, Munition und Gesundheitsvorräten wenn es eng wird. Selten durfte ich einen solch liebreizenden, niedlichen NPC kennenlernen. Elizabeth singt, tänzelt um den Spieler herum, grinst verschmitzt oder schmollt auch mal, sie knackt Schlösser und macht auf besondere Gegenstände aufmerksam. Alleine ihr dabei zuzusehen, wie sie mit ihren Stiefeln in der Spielwelt herumtapst ist manchmal schon Unterhaltung genug. Die lebensechten Situationen von Elizabeth trösten über die bisweilen leider immer noch schaufensterpuppenartige KI und die meist roboterhafte Gestik und Mimik hinweg.

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Neben den Waffen kann der Spieler sich besondere Fähigkeiten aneignen, indem er „Salze“ trinkt, im Englischen „Vigors“. Diese beinhalten bestimmte Elemente, mit denen man seine Gegner besser bekämpfen kann. So gibt es etwa den „Bockenden Bronco“, mit dem man Gegner durch die Luft schleudern kann. Der Teufelskuss setzt die Gegner in Brand, andere Kräfte hetzen ihm tödliche Krähen auf den Hals oder schützen den Spieler für kurze Zeit. Im Laufe des Spiels lernt man so mehr als zehn zusätzliche Fähigkeiten. Aus irgendeinem Grund kam ich neben dem profanen Gebrauch der zahlreichen Schusswaffen aber nur selten dazu, diese Fähigkeiten einzusetzen. Meist erinnerte ich mich erst wieder daran, wenn die Munition sehr knapp wurde, oder das Spiel bezeichnenderweise regelmäßig darauf aufmerksam machte. Überhaupt werden die Kämpfe eigentlich nur selten ein bisschen schwerer, und sterben kann man scheinbar sowieso nicht.

Zentrales Element des Spiels sind alternative Zeitlinien, da Elizabeth in der Lage ist, Risse in andere Realitäten und sogar in andere Zeiten zu öffnen und diese zu durchschreiten. Witzig ist das z.B. wenn aus einem zufällig entstandenen Riss plötzlich ein Song von Creedence Clearwater Revival aus der Zukunft (aus Sicht der Protagonisten) zu hören ist, und Booker und Elizabeth rätseln, was das für eine merkwürdige Musik war. Und mit „Girls Just Wanna Have Fun“ von Cindy Lauper haben auch die 80er Jahre ihr kleines Cameo in dem Spiel. Als Spieler merkt man recht schnell, dass Elizabeth immer den Drang verspürt, weiter in den nächsten Spielabschnitt zu gehen. Wenn man mal gerade nicht so recht weiterwusste, war das ungemein praktisch, da sie sowieso irgendwann ungeduldig wird und führt. Auch kann man an ihr wunderbar ablesen, wie gefährlich es gerade ist. Oft geht Elizabeth in Deckung, lange bevor man den ersten Gegner überhaupt ausmachen kann. Genau so weiß sie umgekehrt immer sofort, wann ein Kampf beendet ist. Im Zweifel muss man sie also nur im Auge behalten.

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Einige Themen amerikanischer Geschichte werden in der Handlung angesprochen, schon da Booker DeWitt selbst beim Massaker von Wounded Knee von 1890 dabei war, was er sich selbst nie verziehen hat. Außerdem wird der Boxeraufstand von 1900 erwähnt, an dem Comstock laut eigener Aussage maßgeblich beteiligt war. Das Ende von Bioshock Infinite ist absolut großartig – sobald man sich die Mühe macht, einige Details nochmals in Ruhe nachzulesen, denn niemand wird auf Anhieb alles verstehen können, schon gar nicht solche Einzelheiten, die im Spiel meist beiläufig erwähnt werden. Die Grafik ist fantastisch, und so ist bereits der erste Blick auf Columbia – so unheimlich die Stadt auf den zweiten Blick sein mag – im Spiel ein wahres Erlebnis. Computerspiele sind Kunst, und die Grenzen zwischen Spiel und Film verschwimmen gerade bei Triple-A-Spielen immer mehr, das wird hier erneut deutlich. Mal sehen, vielleicht spiele ich auch noch die DLCs.

2 Gedanken zu „Durchgespielt: Bioshock Infinite

  1. Ulketulke

    Das Spiel ist halt leider auch oft „nur“ interaktiver Film, die Spielmechanik ist leider etwas vergurkt. Das Spiel besteht halt zur Hälfte nur aus Elizabeth, ohne die wäre das Spiel gefloppt.

    Ich würde dir eher empfehlen das „erste“ Bioshock zu spielen falls du das noch nicht getan hast. Das hat schon ein paar Jahre aufm Buckel, daher ist der Grafik natürlich nicht mehr top, aber sicher noch ok. In dem Spiel ist einfach die Kombination aus einer guten Atmosphäre, einer brauchbaren Storyline und gutem Gameplay wesentlich besser gelungen. Außerdem gefällt mit das düstere Rapture mit seinen Geheimnissen wesentlich besser als Columbia.

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    1. Vince Beitragsautor

      Es stimmt natürlich, dass das Spiel den Trend hin zu interaktiven Filmen weiter fortsetzt. Merkt man wie gesagt auch daran, dass man in dem Spiel nicht verlieren kann, egal wie schlecht man spielt, und dass man fast immer gezeigt bekommt, wo es weitergeht, so dass man nie lange knobeln muss. Ich verstehe einerseits die Kritik der Spieler an Bioshock Infinite, dass es für die Vielzahl an Waffen und Kräften zuwenige Gegner im Spiel gibt, an denen man sie ausprobieren könnte. Andererseits will ich ein Spiel aber nicht dafür verurteilen, dass es zumindest versucht, eine „realistische“ Anzahl an Gegnern zu etablieren, so dass sich anders als etwa in Payday oder Left 4 Dead die erledigten Gegner ausnahmsweise mal nicht stapeln. Dass davon nicht jeder begeistert sein kann, leuchtet ein. Es ist eine Gratwanderung zwischen Glaubwürdigkeit und Ballerspaß.

      Wirklich störend fand ich nur, dass man als Spieler jede Menge „Jedi-Kräfte“ geschenkt bekommt, man diese aber praktisch nie braucht. Genau wie mit der Panzerfaust im Spiel, wo ich die ganze Zeit darauf gewartet habe, dass irgendwelche Luftschiffe auftauchen, die man damit vom Himmel holen müsste – aber Pustekuchen.

      Bioshock ist tatsächlich eines der nächsten Spiele, die auf meiner Liste stehen. Rapture wird also definitiv in Kürze von mir besucht werden. Bin sehr gespannt was da auf mich zukommt.

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