Archiv für den Monat: Juli 2014

Eine E-Mail von meinem Blogger-Kollegen Oli – ein gleichgesinnter Atari-ST-Fan und ebenfalls Programmierer – nehme ich heute zum Anlass, einen kleinen Softwarearchäologie-Report zu verfassen. Er sprach mich auf einen alten ZX81-Emulator an; ein Emulator für den Atari ST, den ich seit bestimmt 20 Jahren nicht mehr gesehen habe, und mit dem ich einige der interessantesten Erinnerungen aus meiner Kindheit verbinde. Den Artikel schreibe ich freilich aus der Sicht von jemandem, der das Programm als Kind verwendet hat, und nicht etwa von jemandem, der professionell damit umgehen kann.

ZX81 Emulator: Ein sehr kreatives Tastaturlayout

ZX81 Emulator: Ein sehr kreatives Tastaturlayout

Ich erinnere mich noch sehr gut an dieses kleine aber großartige PD-Programm von Christoph Zwerschke, das zum ersten Mal im Oktober 1990 auf der Beilagediskette des TOS-Magazins veröffentlicht wurde. Ich war kaum sieben Jahre alt und hatte schon ganz grob begriffen, was ein Emulator ist. Dieser hier emulierte einen Sinclair ZX81 – ein kleiner Homecomputer aus England (von dem namensgebenden Erfinder Sir Clive Sinclair), der zum Zeitpunkt meiner Geburt bereits veraltet und Anfang der 90er praktisch museumsreif war. Wenn man den Emulator startet, bekommt man einen Begrüßungsbildschirm zu sehen, und dann nur noch ein Eingabefenster. Das war schon damals nicht unbedingt besonders einladend, wenn man grafische Benutzeroberflächen (wie TOS) gewohnt war, aber ich kannte zum Glück den GFA-BASIC-Interpreter, und der sah ähnlich spartanisch aus. Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin (vielleicht habe ich ja wirklich die README-Datei gelesen), aber mit der Eingabe von LOAD „“ offenbarte sich mir eine fantastische Welt primitiver BASIC-Spiele, und das war für mich in dem Alter das Beste an dem Emulator.

Mein Vater schüttelte den Kopf als er diese äußerst altbackene Klötzchengrafik sah, und er wunderte sich, wie ich damit soviel Spaß haben konnte, wo der ST doch so tolle hochauflösende Monochromspiele und knallbunte Farbspiele hatte. Möglicherweise war das der Moment, in dem ich endgültig erkannte, dass Spielspaß praktisch nichts mit Grafik zu tun hatte, und mit Sound schon gar nicht, denn den gab es sowieso nicht: Der ZX81-Emulator blieb immer stumm. Keine Frage, ich liebte mein Highway Patrol 2, mein Cadaver, und mein Double Dragon, und all die anderen tollen Spiele, die ich in meiner Diskettenbox hatte, aber der ZX81-Emulator löste mit seiner merkwürdigen Schwarz-Weiß-Zeichensatz-Grafik eine wirklich kaum zu beschreibende Faszination bei mir aus.

3D-Monster-Labyrinth: Vor dieser Kreatur habe ich mich gefürchtet

3D-Monster-Labyrinth: Vor dieser Kreatur habe ich mich gefürchtet

Eine ganze Menge Spiele lagen dem Emulator bei, alle in Form von (kaum lesbaren) BASIC-Quellcodes. Mit dem Befehl RUN wurde das geladene Programm gestartet. Das waren ganz unterschiedliche Spiele: Night Driver, eine schwierige Rennsimulation, oder Varianten von Hangman und Centipede gab es, außerdem mit Hamurabi ein zahlenlastiges Resourcen-Management-Spiel, das ich kaum verstand. In Olympiade musste man abwechselnd die Tasten 5 und 8 drücken, damit der eigene Läufer immer schneller wurde, und mit der Taste 0 konnte man dann abspringen (beim Weitsprung). Viele Stunden Spaß hatte ich mit Mazogs, dessen Omikron-Äquivalent Maziacs ich schon kannte – ein Labyrinth voller Riesenspinnen, in dem man eine Schatztruhe finden musste. Daneben gab es mit Star Trek ein aufwändiges Weltraumspiel mit Handlung, an dem ich mich immer wieder versucht habe, obwohl ich noch etwas zu jung war, um die Rätsel zu verstehen.

Es gab noch diverse Programme, die etwa Schaltpläne generierten, oder einen Biorhythmus berechneten. Das hat mich damals aber alles nicht so interessiert. Spannend war noch das Spiel Animals, eine Umsetzung von „20 Questions“. Ohne die Theorie hinter Binärbäumen zu kennen, hatte ich natürlich Schwierigkeiten mir vorzustellen, wie der Computer am Ende praktisch jedes Tier erraten kann. Das mit Abstand gruseligste Spiel war das 3D-Monster-Labyrinth. Der Spieler musste ein zufällig generiertes Labyrinth in der Ich-Perspektive durchlaufen, während am anderen Ende des Labyrinths ein Monster umherirrt, das seinerseits den Spieler sucht. Ich kann bis heute nicht sagen ob das Monster sich in Echtzeit bewegt, oder doch nur rundenbasiert, aber ihm versehentlich zu begegnen, hat mich immer wieder erschreckt. Es war auf jeden Fall ein tolles Beispiel für ein sehr simples Spiel mit Suchtfaktor, das im besten Fall zweckmäßige Grafik und absolut keinen Ton hatte. Also entweder war ich schon damals wirklich verloren, oder diese Spiele hatten einfach einen gewissen Reiz.

Star Trek: Klötzchenwelten mussten mit Hilfe des Ziffernblock erforscht werden

Star Trek: Klötzchenwelten mussten mit Hilfe des Ziffernblock erforscht werden

Kaum zu glauben, aber wahr: Christoph Zwerschke, der Entwickler des ZX81 Emulator, ist sogar noch mit einer eigenen Webseite im Internet vertreten (letzte Änderung allerdings im März 2001!), und er bietet dort die letzten Versionen seiner alten ST-Programme an, darunter natürlich auch dieser wunderbare Emulator. Extra für ein paar Screenshots habe ich daher den ST-Emulator angeworfen, um nach über 20 Jahren den ZX81-Emulator anzuwerfen, um dessen grobpixelige Spiele mal wieder anzuwerfen und digital abzulichten. Quasi eine kleine Emulatorception. Oder Retro im Quadrat. Und tatsächlich, ich konnte mich noch an so manches Bedienungsdetail erinnern. Und mit der HELP-Taste kann man sich ja im Notfall noch das Tastaturlayout einblenden lassen. Vielleicht spiele ich nochmal kurz eine Runde 3D-Monster-Labyrinth. Retroflash in 3 … 2 … 1 …

Nein, noch nicht ganz tot. Ihr müsst mich noch eine Weile ertragen. Drei Wochen lang habe ich mich nun alleine um mein sogenanntes Privatleben gekümmert und meine Internetpräsenz dafür völlig vernachlässigt. In nennenswertem Umfang vorangekommen bin ich dabei leider nicht, und das obwohl der nächste große „Level-Up“ bereits kurz bevorsteht. Einer von solch beängstigender Bedeutsamkeit, die mir jede Vorfreude daran nimmt, und auch den Reiz, darüber nachzudenken. Aber das soll nicht heißen, dass ich zuletzt keinen Spaß hatte: Ich durfte an der jährlich stattfindenden mehrtägigen Netzwerkparty im Freundeskreis teilnehmen, ich habe mir schmerzhafte blaue Flecken und üble Beulen bei einer schmierigen Paintball-Veranstaltung zugezogen, mit einem Kollegen knobelte ich an alten SNES-Spielen, außerdem war ich beim Public Viewing zum letzten WM-Gruppenspiel Deutschlands gegen die USA dabei.

Ich gehöre zu jenen Fußballmuffeln, die wirklich nur alle zwei Jahre Begeisterung für diesen Sport aufbringen können. Fußball zu spielen fand ich schon immer spannender als dabei nur zuzusehen. Doch spätestens wenn die deutsche Nationalmannschaft an der Endrunde teilnimmt, kommt sogar bei mir echte Spannung auf. Umso mehr, nun da Deutschland nach Jahrzehnten sogar wieder im WM-Finale gegen Argentinien steht – eine wahrhaft historische Begegnung. Heute Abend wird die DFB-Elf also entweder als Weltmeister 2014 oder als erster Verlierer 2014 vom Platz gehen. Es ist schwer (aber sicherlich nicht unmöglich), dabei keinerlei Erwartungen zu haben.

Genug Gelaber über Fußball. Beinahe bedauere ich es, dass ich meine kleine Webseite so lange brach liegen, die eingegangenen E-Mails alle unbeantwortet ließ, ja, ich noch nicht einmal Sport machen wollte. Drei Wochen reiner körperlicher Verfall, eine schreckliche Vorstellung für mich. Ich bin ein Mensch, der sich von jedem noch so kleinen „Termin“ abseits des Alltags beengt fühlt, der irgendwann Fluchtreflexe verspürt, wenn er seine Freizeit nicht mehr so gestalten kann, wie er möchte. Es gibt bestimmt irgendeinen Psychologen, der das längst als Störung identifiziert und ihr einen Namen gegeben hat. Jedenfalls neige ich dazu, viele Dinge liegen zu lassen, wenn ich den Kopf nicht absolut frei habe. Genau das ist hier passiert. Was soll ich sagen. Jetzt wird wieder alles gut.

In wenigen Wochen werde ich endlich meinen Jahresurlaub antreten und dabei eine ganze Schiffsladung an angesammelten Altlasten entsorgen, Erledigungen bewältigen und Besorgungen tätigen. Dieser Beinahe-Zungenbrecher ist mein Plan für den August. Nebenbei möchte ich die zweite Hälfte meines Lebens mit Freunden gebührend anfeiern, wenn sich die Gelegenheit dafür bietet. Man könnte die letzten Tage quasi als eine Art Halbzeitpause betrachten. Aber jetzt werde ich noch ein paar der vielen angefangenen Blog-Beiträge zuende schreiben um den kleinen Rückstand so langsam wieder abzubauen.